: US-Nahrungsmittelhilfe für Polen
■ 50 Millionen Dollar in Fleisch, Mais, Butter / EG-Parlament fordert umfassende technische Hilfe / Vorrangig Landwirtschaft modernisieren / Aufstand in den Gefängnissen weitet sich aus / Seit Wochen bestreikt
Washington (afp/dpa/ap) - US-Präsident George Bush hat gestern eine neue amerikanische Nahrungsmittelhilfe für Polen in Höhe von 50 Millionen Dollar verfügt. Noch vor Winteranfang sollten Fleisch, Mais, Reis, Butter, Sonnenblumen- und Baumwollöl nach Polen gesandt werden. Mit dieser neuen Nahrungsmittelhilfe sollten die Polen beim „Übergang zu einer Marktwirtschaft“ unterstützt werden, erklärte Bush.
Die amerikanische Regierung hatte Polen am 1. August eine erste 50-Millionen-Dollar-Nahrungsmittelhilfe in Form von Mais, Butter und Hirse zugesagt. Bei seinem Polen-Besuch im Juli hatte Bush vorbehaltlich der Zustimmung durch den Kongreß Finanzhilfe in Höhe von 119 Millionen Dollar angekündigt. Eine Erhöhung der Finanzhilfe lehnte der amerikanische Präsident bisher ab.
Gleichzeitig hat das Europa-Parlament gestern umfassende technische und finanzielle Hilfsmaßnahmen für die polnische Wirtschaft gefordert. Die Mitgliedstaaten der EG sollten einen Sonderfonds für mittel- und langfristige Modernisierungsprogramme polnischer Unternehmen einrichten, hieß es in einer in Straßburg mit großer Mehrheit verabschiedeten Resolution. Als besonders dringlich wurden die Modernisierung der polnischen Landwirtschaft, Weiterbildungsmaßnahmen für polnische Unternehmer sowie umfassende Maßnahmen zur Lösung der schwerwiegenden Umweltprobleme genannt.
Im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds und der internationalen Finanzwelt sollte die polnische Auslandsverschuldung verringert werden, die etwa 39 Milliarden Dollar beträgt.
In der Debatte kritisierte der Fraktionsvorsitzende der Liberalen, Valery Giscard d'Estaing, die bisherigen Hilfsleistungen der EG als ungenügend. Er forderte eine Art Marshall-Plan für Polen, um die Grundversorgung der polnischen Bevölkerung sicherzustellen. Die kann in den Gefängnissen des Landes offenbar längst nicht mehr garantiert werden. Die Folge sind Streiks, die, wie erst jetzt bekannt wurde Anfang September begannen. Wie am Donnerstag von der Informationsagentur der Solidarität in Danzig zu erfahren war, sind die Gefangenen in der Strafanstalt in Stuhm (Ostpreußen) am Mittwoch in einen Hungerstreik getreten. Am schwierigsten sei die Lage in einem Gefängnis in Czarne, wo 1.390 Rückfalltäter seit dem 6. August die Arbeit verweigerten. 240 hätten einen Betrieb besetzt, hieß es. In allen diesen Strafanstalten fordern die Gefangenen bessere Haftbedingungen, Änderungen im Strafgesetzbuch, bessere Verpflegung, Gesundheitsschutz sowie höhere Bezahlung für ihre Arbeit.
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