: Trendwende?
■ Wieder ein verstärkter Andrang von Übersiedlern in West-Berlin / Zunehmend Diskussion über Rückkehr
Übersiedler aus Ost-Berlin und der DDR kommen wieder verstärkt nach West-Berlin. Nach einem vorübergehenden Rückgang am Wochenende habe sich der Andrang seit Montag im Notaufnahmelager Marienfelde wieder verstärkt, sagte Sozialsenatorin Stahmer (SPD) gestern. Mitarbeiter der Aufnahmestelle schätzten die Zahl der Übersiedelwilligen auf rund 1.000.
Seit der Öffnung der DDR-Grenzen am vergangenen Donnerstag seien rund 7.500 Übersiedler neu in West-Berlin registriert worden, sagte Frau Stahmer. Davon seien 5.300 in Notunterkünften aufgenommen worden, der Rest habe eine private Bleibe gefunden. Weiterhin sei zu beobachten, daß ein Teil der Übersiedler, die zuvor gekommen seien, offenbar in die DDR zurückkehrten. Rund 20 Prozent derjenigen, die in Westberliner Turnhallen untergebracht waren, seien mit ihrer Habe gegangen, ohne daß den Behörden genau bekannt sei, wo sie sich jetzt aufhielten. In den Unterkünften gebe es zunehmend Diskussionen unter den Übersiedlern, ob sie zurückkehren sollten. „Ich bin nach wie vor der Überzeugung, daß eine Trendwende da ist“, sagte die Gesundheitssenatorin.
Frau Stahmer kündigte an, daß das Notaufnahmelager in Marienfelde künftig nicht mehr rund um die Uhr arbeiten werde. Es werde nur noch werktags zwischen 9 und 17 Uhr geöffnet haben und an den Wochenenden geschlossen sein. Sie begründete den Übergang zu normalen Öffnungszeiten damit, daß die jetzt bestehende Reisefreiheit den DDR-Bürgern und -Bürgerinnen ermögliche, Termine zu machen.
Frau Stahmer und der Leiter des Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben, Eberhard Bauer, wiesen darauf hin, daß es sich bei den Neuankömmlingen um einen schwierigeren Personenkreis handele als bei den früheren Übersiedlern. Die Mitarbeiter in Marienfelde klagten zunehmend darüber, daß es zu Rempeleien komme und weniger Rücksicht genommen werde.
dpa
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