: "Volkstümliches Gemälde"
Paul Verlaine
Volkstümliches Gemälde
Der Lehrling, fünzehnjährig, nicht eben schön,
doch auch nicht reizlos in seiner etwas weichen Rauheit anzusehn,
matthäutig, mit lebhaft tiefen Augen: Der Satansenkel,
aus seinem Hosenlatz holt er den straffgewordenen Senkel
und pflanzt ihn der Meisterin zwischen die drallen Schenkel.
Über den Bettrand räkelt sie sich mit frecher Bewegung,
Beine hoch, Brüste heraus, zappelnd in der Erregung.
Wie er ihren feisten Bauch unter seine Weste zwängt und mit festen Stößen die Rüstige kühner bedrängt!
Man sieht, er fürchtet sich nicht vor solchen Sachen,
oder etwa, die gute Dame schwanger zu machen;
(denn ist ihr Hahnrei nicht da, vertrauensvoll und reich genug?).
Endlich, als der höchste Augenblick sie beglückt:
„Du hast mir ein Kind gemacht, ich fühl's und liebe dich drum noch mehr!
„Hier sind Bonbons für die Taufe!“ sagt sie nachher,
und zärtlich, wie Bienenspiel an süßlichen Harzen,
wiegt er und kost und küßt ihrer Brüste rötliche Warzen.
Paul Verlaine: La Trilogie Erotique, übersetzt von Curt Moreck, Harenberg Editio
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen