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Deutsch-Deutsches von den Montagsleuten

■ Hunderttausende bei Montagskundgebungen in der DDR / Forderung nach deutscher Einheit entzweit / Abwesender Berghofer war Star der Dresdener Demonstranten / Modrow soll Berghofers Beispiel folgen / Forderung nach demokratisch gewählten Betriebsräten

Berlin/Dresden/Leipzig (afp/ap) Hunderttausende haben am Montag abend in verschiedenen Städten der DDR für das Ende des Machtmonopols der SED und für die deutsche Einheit demonstriert. In Dresden gingen etwa 50.000 Menschen auf die Straße. In Sprechchören und auf Transparenten hieß es unter anderem: „Wenn die SED bleibt, dann gehen wir“ oder „Wer die SED wählt, wählt die Massenflucht“. Auf mehreren Spruchbändern wurde der ehemalige SED-Parteichef von Dresden und jetzige Ministerpräsident Hans Modrow mit der Frage konfrontiert, wann er dem Beispiel von Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer folgen und seinerseits aus der SED austreten werde. Vorgetragen wurden sowohl Forderungen nach nationaler Einheit als auch regionale Anliegen. Neben einem Meer von schwarz-rot-goldenen Fahnen ohne DDR-Emblem waren auch zahlreiche Flaggen in den sächsischen Farben Weiß und Grün zu sehen.

Berghofer hatte seine Teilnahme an der Montagsdemonstration in Dresden zwar angekündigt, war dann aber doch nicht erschienen. Er wolle zur Zeit weder in eine andere Partei eintreten, auch nicht in die DDR-SPD, noch ein politisches Mandat übernehmen, sagte Berghofer am Montag abend im DDR -Fernsehen. Er werde jedoch am Donnerstag in der Dresdener Stadtverordnetenversammlung die Vertrauensfrage stellen. Er sei bereit, bis zu den Kommunalwahlen parteilos das Amt des Oberbürgermeisters auszuüben. Jedenfalls habe er die SED-PDS nicht verlassen, um eine neue politische Karriere zu beginnen.

Die Stimmung war aggressiv. Der ehemaligen Staatspartei SED wurde auch unter dem neuen Parteivorsitzenden Gysi jegliches Vertrauen abgesprochen und die sofortige Auflösung der Partei gefordert. PDS, eigentlich „Partei des demokratischen Sozialismus“, wurde auf Transparenten als „Partei der Strolche“, „Partei der Schlitzohren“ und „Partei der Schurken“ bezeichnet.

An der traditionellen Leipziger Montagsdemonstration nahmen nach Angaben der DDR-Nachrichtenagentur 'adn‘ erneut mehr als hunderttausend Menschen teil. Erstmals in diesem Jahr gab es wieder eine organisierte Kundgebung auf dem Karl-Marx -Platz. Zu ihr hatte das Neue Forum aufgerufen. Beherrschende Losungen und Sprechchöre waren 'adn‘ zufolge: „Nieder mit der SED“ und „Deutschland einig Vaterland“. Redner, die sich gegen eine Wiedervereinigung Deutschlands aussprachen, wurden von der Menge ausgebuht. Abermals waren „Republikaner“ mit Plakaten und Flugblättern präsent. Der Demonstration waren Friedensgebete in vier Leipziger Kirchen vorausgegangen.

In Schwerin riefen Vertreter der SPD und des Neuen Forums dazu auf, umgehend demokratisch gewählte Betriebsräte zu bilden, die angesichts der bevorstehenden Gründungen von Joint-ventures (Gemeinschaftsunternehmen) unter bundesdeutscher Beteiligung um so dringlicher seien. In zahlreichen Betrieben hätten nach wie vor die alten Funktionäre das Sagen. Die laut 'adn‘ etwa 2.000 Demonstranten sprachen dem FDGB jegliche Legitimation ab und verlangten statt dessen von Partei und Regierung unabhängige Gewerkschaften.

In Potsdam beteiligten sich mehrere hundert Menschen an einer Kundgebung der SPD. Deren Sprecher Gerd Beck sprach sich für einen fairen Wahlkampf im Vorfeld der Wahlen vom 6. Mai aus. Der politische Gegner dürfe nicht diffamiert werden. Extremisten von links und rechts müßten Demokraten allerdings eine entschiedene Absage erteilen.

In Halle drohten Mitarbeiter der Poliklinik für Anfang Februar mit einem Warnstreik, falls bis dahin die überfälligen baulichen Maßnahmen nicht vorgenommen und die Arbeitsbedingungen nicht verbessert würden. Mehrere Sprecher forderten die rasche Einführung der Marktwirtschaft.

In Suhl forderte das Neue Forum zu einer sternförmigen Menschenkette am 1.Mai quer durch Europa mit dem Ausgangspunkt Wartburg auf. Die nach 'adn‘ etwa 3.500 Teilnehmer des Demonstrationszuges in Cottbus teilten sich in einen kleineren Teil von Befürwortern der deutschen Einheit und einen weitaus größeren Teil, der ökologische Forderungen in den Mittelpunkt rückte. Beide Demonstrationsblöcke vereinigten sich erst wieder vor der Evangelischen Oberkirche, dem Ort der gemeinsamen Schlußkundgebung.

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