: SED contra SPD: Hickhack um alte Werte
■ Vermögensstreit als Teil des Erbschaftsstreits / SED-PDS will ihr Parteieigentum in Volkseigentum überführen / Selbst die SPD in Bonn hat keine genaue Übersicht über das ehemalige Vermögen der Partei in der jetzigen DDR / Wie alt oder wie neu ist die DDR-SPD?
Berlin/Bonn/Hamburg (dpa/taz) Der Streit um die Verfügungsgewalt über das ehemalige SPD-Vermögen in der DDR geht erst mal weiter. Zwar will sich die SED-PDS von einem Großteil ihres Vermögens trennen. Die „alte SED-Erbmasse“ soll jedoch an „alle neuen Kräfte“ in der DDR verteilt werden. Dies hat der Vorstand der SED-PDS entschieden.
Vorstandsmitglied Thomas Falkner dementierte am Mittwoch Berichte, wonach die SPD, die 1946 zwangsweise mit der KPD zur SED zusammengeschlossen wurde, ihr altes Vermögen von der SED-PDS zurückerstattet bekommt. Im Deutschlandfunk sagte Falkner am Mittwoch, der SPD sei kein Ersatz früheren Eigentums angeboten worden.
Wie umfangreich das Vermögen der SED insgesamt ist, bleibt unklar. Auch die Sozialdemokraten in Bonn hatten gestern noch keinen Überblick über die Werte, die der SPD vor 1933 gehört haben und die sie in der DDR nie zurückerhalten hat. Es geht vor allen Dingen um Grundstücke, Druckereien und Gebäude, die 1933 von den Nationalsozialisten beschlagnahmt wurden. Für die kurze Übergangsphase zwischen Kriegsende und Zusammenschluß von KPD und SPD zur SED im April 1946 scheint jetzt dringend eine Klärung der vermögensrechtlichen Fragen anzustehen.
Die SPD besaß in Deutschland vor 1933 allein 200 Tageszeitungen, die in rund 140 eigenen Druckereien hergestellt wurden. Noch im Jahre 1945 wurden in der damaligen sowjetischen Besatzungszone sechs SPD-Zeitungen mit 19 Nebenausgaben zugelassen. Mit der Gründung der SED im April 1946 gingen diese Zeitungen an die neue Einheitspartei.
Nach Angaben der SED-PDS will sich die Partei jetzt insbesondere von einem Großteil eigener Betriebe trennen, die entweder in genossenschaftliches Eigentum oder in Volkseigentum überführt werden sollen. Wie die DDR -Nachrichtenagentur 'adn‘ berichtete, wurde der DDR -Regierung empfohlen, die Übertragung der Rechtsträgerschaft an neue Parteien und Bewegungen - das heißt: auch an die SPD - zu prüfen. Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob die DDR-SPD sich als neugegründete Partei versteht oder als Rechtsnachfolgerin der früheren SPD.
SED-PDS-Vorstandsmitglied Falkner verwies darauf, daß der Vorstand seiner Partei am vergangenen Wochenende eine „relativ klare Position“ zu den Vermögensverhältnissen gefunden habe. „Wir können uns da einfach nicht an Dinge kleben oder diese krampfhaft festhalten, von denen wir gar nicht wissen, wie wir dazu gekommen sind und wieweit wir überhaupt moralische Ansprüche haben, politische Ansprüche, das zu erhalten.“ Die SED-PDS sei bereit, das Vermögen, „das wir als Erbmasse der alten SED verwalten, zu einem sehr großen Teil an neue demokratische Kräfte zu vergeben“.
Der Schatzmeister der DDR-SPD Gerd Döhling hatte am Dienstag abend von einem Angebot Modrows berichtet, daß die SPD in der DDR ihr altes Vermögen zurückerhalte. Dies war sofort vom Parteivorstand der SED-PDS dementiert worden. Das Gremium bestritt auch, daß die Parteihochschule „Karl-Marx“ der SED-PDS - das Gebäude gehörte früher der SPD - bereits in der kommenden Woche an die Sozialdemokraten zurückgegeben werde. Es sei lediglich über die Nutzung von Räumen durch die SPD gesprochen worden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen