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Auf allen Vieren wieder voll da?

■ Blau-Weiß schlägt mit „neuem“ Trainer und Flickwerk-Mannschaft die Kölner Fortuna 2:0 / Absturz in den Abstieg vorerst gestoppt? / Sehenswertes Tiefflug-Tor von Drabow läßt für das Lokalderby einiges hoffen

Es ist seltsam, daß sich eine alte und nicht minder dämliche „Fußballweisheit“ wieder mal bestätigt: Neuer Trainer, neues Glück. Zielstrebig glitschten die Blau-Weißen in den vergangenen Wochen in die Abstiegszone, zeigten im Olympiastadion langweilige und spielerisch miserable Leistungen. Nach der Heimniederlage gegen Abstiegskonkurrent Kassel zog der Blau-Weiß-Vorstand die Konsequenz und einen „neuen“ Trainer aus dem Hut. Der immer so freundlich-brav wirkende Bernd Schumm wurde in Urlaub geschickt, Assistent Horst Ehrmanntraut soll neue Impulse geben.

Und dies tat er wirklich. Seinen Einstand gab er letztes Wochenende beim überraschenden Unentschieden gegen die Spitzenmannschaft Wattenscheid. Jetzt folgte ein souveränes 2:0 gegen Köln. Nicht nur der Erfolg, sondern auch die Art und Weise erstaunten und erfreuten die wieder nur 1.206 „Zahlenden“. Objektiv gesehen war eigentlich nichts Besonderes geschehen. Beide Teams kickten so locker wie die Hobbyfußballer vorm Reichstag - bis in der 20. Minute der erstmals von Beginn an spielende Mittelfeldnachwuchs Kunert einen langen Paß auf Ost-Import Deffke schlug, der die Kölner Routiniers auswackelte und den Ball zur Führung ins Tor drosch.

Subjektiv gesehen ist das schon sehr erstaunlich. Hatte doch der Ex-Trainer die schlechten Leistungen hauptsächlich auf das große Verletzungspech geschoben. Dem neuen Betreuer fehlten am Wochenende aber immer noch acht Stammspieler, und trotzdem zeigte die aus Amateuren und Reservisten zusammengekleisterte Mannschaft nicht nur Einsatz und Rennerei, sondern auch konstruktives Spiel. Um das Glück vollkommen zu machen, produzierten Drabow und Kölns Torwart Jarecki ein sehr unterhaltsames Tor: Eigentlich wollte Drabow nur flanken, das gelang ihm aber so gut, daß der Ball genau ins Eck flatterte. Dorthin eilte auch Jarecki, doch von der Sonne geblendet boxte er den Ball an die Latte, dieser landete auf Schultern, Kopf und hinter der Linie, und wurde noch einmal herausgewedelt, ehe Adler aus 20 Zentimeter Entfernung und 10 Zentimeter Höhe auf allen Vieren den Ball endgültig ins Tor köpfte. Der Anfang für unterhaltsame Stunden im Olympiastadion ist also gemacht. Sie könnten schon am kommenden Wochenende fortgeführt werden, wenn das Lokalderby gegen Hertha BSC steigt. Die Blau-Weißen werden sich hüten, dem Spitzenreiter Berlinhilfe für den Sprung in die erste Liga zu gewähren und sind, wie sie gezeigt haben, durchaus in der Lage, den finanziell und spielerisch übermächtigen Herthanern mindestens ein Bein zu stellen - falls wenigstens die Sympathien auf den Rängen annähernd ausgeglichen sind und ein paar mehr als 1.000 der erwarteten 50.000 für die Blau-Weißen klatschen.

Schmiernik

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