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 ■ D I E A N D E R E N

Le Monde

Die unabhängige französische Zeitung beschäftigt sich mit der Politik der deutschen Einigung und kritisiert die Haltung Frankreichs:

Noch vor wenigen Monaten gehörte es zum guten Ton, Helmut Kohl als einen Mann mit recht beschränkten Fähigkeiten darzustellen, als einen „Provinzpolitiker“, wie ein großer französischer Diplomat so weitblickend bemerkte. Heute verdächtigt man Kohl, seine Nachbarn zerfleischen und den ganzen Kontinent beherrschen zu wollen.

Natürlich stimmt es, daß der Appetit beim Essen kommt. Und es stimmt auch, daß der Bundeskanzler trotz des Gewichts der von ihm angeführten juristischen Argumente und des sehr relativen praktischen Gewichts solcher Verpflichtungen besser etwas mehr Eile bei der Bestätigung der Gültigkeit der Oder-Neiße-Grenze an den Tag gelegt hätte.

Aber genügt das, um unserem Nachbarn neo-imperialistische Ziele zu unterstellen, wie einige dies ungeniert tun? Das heutige Deutschland ist nicht dasselbe, das Hitler an die Macht gebracht hat. (...) Wenn man die Leute in einer Art und Weise verdächtigt, die ihnen ungerecht erscheint, läuft man Gefahr, daß man sich ihre Sympathien verscherzt.

Es ist sehr zu begrüßen, daß Francois Mitterrand dies nach einem Augenblick des Zögerns begriffen hat, und daß er jetzt ganz klar auf die Karte des Vertrauens setzt. Bei der deutschen Jugend, und da kann man sicher sein, wird diese Botschaft auf offene Ohren stoßen.

La Stampa

Das liberale italienische Blatt (Turin) schreibt zum EG -Gipfel in Dublin:

Nach der Revolution im Osten kommt nun die Revolution in der EG. Die Staats- und Regierungschefs haben in Dublin die Grundlagen einer politischen Union verabschiedet, (...), die es der EG möglich macht, einen Sprung nach vorn zu machen und vielleicht sogar den Traum einer europäischen Föderation wieder zu erwecken. Entgegen allen Erwartungen war es ein Tag der Harmonie zwischen den Zwölf. In Dublin wurde eine historische Entscheidung getroffen, auch wenn sich Frau Thatcher noch zurückhaltend verhält. Europa ist nun wirklich auf dem Wege zur politischen Einheit.

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