„WeiberWirtschaft“ im Gründerinnenfieber

■ Erste Gründung einer Frauengenossenschaft in Berlin seit den 20er Jahren / Gründerinnenzentrum mit 350 Arbeitsplätzen geplant

West-Berlin. Für Frauenbetriebe und -projekte, die über ganz Berlin verstreut sind, soll es bald eine zentrale Adresse geben: das Gründerinnenzentrum der „WeiberWirtschaft“, der ersten Frauengenossenschaft (in Gründung) seit der Weimarer Republik. Schon damals haben sich Berliner Frauen genossenschaftlich organisiert, es gab eine Frauenkreditgenossenschaft und eine Genossenschaft zur Beschaffung von Wohnraum für Frauen. Auch jetzt können Frauen ihr Geld wieder in einer eigenen Genossenschaft anlegen und damit zur Förderung von Frauenprojekten beitragen. Eine Million D-ark müssen nach den Plänen der Frauen der WeiberWirtschaft zusammenkommen, die gestern im Frauenhotel „Artemisia“ ihr Konzept vorstellten.

Auf einem Gewerbehof von 5.000 bis 6.000 Quadratmeter Nutzfläche sollen sich Dienstleistungs- und Gewerbebetriebe ansiedeln, Qualifizierungskurse für Frauen durchgeführt werden. Für Sabine Hübner, Gründungsmitglied der WeiberWirtschaft, ist es besonders wichtig, durch das Angebot von Gewerberäumen Anreize für junge Unternehmerinnen zu schaffen. Ein gemeinsames Servicebüro mit allen technischen Geräten, Kinderbetreuung und Kantine, die Steuerberaterin und Rechtsanwältin im Haus sollen den Schritt in die Selbstständigkeit erleichtern. Bereits jetzt haben viele Frauenbetriebe und Projekte ihr Interesse angemeldet, die Palette umfaßt Ingenieurinnen und Landschaftsplanerinnen, ein Frauenversicherungsbüro, Stoffhandel und Waschsalon. Auch im Ostteil der Stadt sei das Gründungsfieber ausgebrochen, wie Gerda Lischke vom Verein „Gründungsrausch“ mitteilte, der Weiterbildung für Gründerinnen anbietet. Deshalb ist auch die Zusammenarbeit mit Frauengruppen aus Ost-Berlin angestrebt.

Zunächst gilt es jedoch, ein geeignetes Gelände zu finden. Ein Konzept wurde bereits für die seit 1982 leerstehende Schultheiss-Brauerei in Kreuzberg entwickelt, allerdings habe der Besitzer wieder eigene Interessen angemeldet. Parallel zu der Suche nach einem Gewerbehof läuft die Werbung um Treugeldgeberinnen, die einen Geschäftsanteil zwischen 200 und 15.000 D-Mark erwerben können. Sobald ein Gebäude gefunden und die Frauengenossenschaft zugelassen ist, werden die Anteile (die vermögenswirksam angelegt werden können) in Genossenschaftsanteile umgewandelt. Die Genossinnen können dann gemeinschaftlich über die Verwendung von Überschüssen entscheiden.

Claudia Haas