Täglich eine Milliarde Liter

■ Wassersparen ist bei den Berlinern in Ost und West nicht populär / Das „Lebensmittel Nummer eins“ ist besonders in Ost-Berlin viel zu billig

Berlin. Eine Milliarde Liter Trinkwasser schluckt Berlin am Tag. Das sind eine Million Kubikmeter oder der Inhalt von Grunewaldsee und Krummer Lanke zusammen. Um den Durst der Metropole zu löschen, pumpen die Berliner Wasser-Betriebe (BWB) im Westen und die Wasserversorgung und Abwasserbehandlung Berlin (WAB) im Osten Grundwasser an die Oberfläche, klären das Abwasser, leiten es in die Gewässer oder lassen es wieder ins Grundwasser versickern. Wassersparen ist bei den Berlinern jedoch nicht populär, denn Wasser ist zu billig.

Die 160 (Ost-Berlin: 180) Liter, die die Berliner durchschnittlich am Tag verbrauchen, gehen zu zwei Dritteln auf das Konto der Hygiene: bis zu 60 (70) Liter für Waschen und Baden. Allein bis zu 40 (65) Liter bestes Trinkwasser jagt jeder täglich durch die Klospülung, Wäschewaschen kostet 30 Liter am Tag. Zum Trinken und Kochen wird das „Lebensmittel Nummer eins“ jedoch kaum verwendet; täglich sind es nur 4 Liter.

Die größten Wasserverbraucher und -verschwender sind die privaten Haushalte. Sie verbrauchen etwa zwei Drittel des Wassers, während sich die Industrie mit dem Rest bescheidet. Allerdings haben die Betriebe teilweise die Möglichkeit, selbst Wasser aus dem Boden oder den Gewässern zu entnehmen.

Bei der Frage nach Wassersparmaßnahmen durch Private wirkt Günther Rudolf von den BWB etwas hilflos. Er appelliert vor allem an die Vernunft der Verbraucher. „Ein effektiver Weg ist die allmähliche Umrüstung von alten Wasch- und Geschirrspülmaschinen auf neue, wassersparende. Auch der Einbau von modernen Armaturen wie Durchlaufbegrenzern und WC -Regulierungstasten findet großes Interesse.“ Diese Maßnahmen finden aber nur bei Neubauten und Renovierungen eine größere Resonanz. Ansonsten geben die BWB die üblichen Tips: Duschen statt Baden, tropfende Wasserhähne reparieren, den Garten abends bewässern. Mieter in Wohnhäusern bezahlen ihr Wasser nicht direkt, sondern in der Gesamtmiete. Die Installation von Kaltwasserzählern hätte aber nur Sinn, so Rudolf, „wenn der Bürger spürt, das geht mir ans Portemonnaie“. Dafür aber sei der Wasserpreis von 3 Mark 57 für einen Kubikmeter plus Abwasser zu niedrig. Eine Erhöhung der Tarife wurde aber gerade erst vom Senat abgelehnt.

In Ost-Berlin wird die Wasserverschwendung auch noch subventioniert. Im Gegensatz zum kostendeckenden Preis der BWB kostet hier den privaten Wasserentnehmer der Kubikmeter plus Abwasser nur 38,5 Pfennig. Was Wunder, daß die Leute „bei fließendem Wasser Geschirr spülen“. Der erste Schritt zum Wassersparen sei daher ein langsames Anheben der Preise, sagt Lothar Kather von der WAB. Dann hoffen die Wasserwerker auf ein Ende der „eingebauten Wasserverschwendung“ in Mietshäusern: Ventile sollen richtig funktionieren, die Leitungen isoliert und wassersparende Armaturen angebracht werden.

Einig sind sich die Wasserwerker in Ost und West in der Ablehnung des „Grauwassers“. Nach diesem Konzept soll Wasser unter Trinkwasserqualität (also Regenwasser oder Schmutzwasser) zum Beispiel für die Klospülung benutzt werden. Dagegen werden organisatorische und hygienische Gründe angeführt: Erstens müsse dafür ein völlig neues Rohrnetz verlegt werden, was in Berlin nicht machbar sei, und zweitens könne es passieren, daß ein Rohr falsch angeschlossen werde. Dann käme die „graue“ Brühe aus dem Wasserhahn.

Bernhard Pötter