: Restaurierung der alten Machtstrukturen in Rumänien
■ Securitate noch immer aktiv/ Visaverweigerung und Meldepflicht für Ausländer
Das Menschrechtskomitee Rumänien in der Heinrich-Böll-Stiftung betrachtet die politische Entwicklung in Rumänien mit größter Sorge, insbesondere seit dem brutalen Überfall auf Dumitru Mazilu, den rumänischen UNO-Diplomaten und früheren Vizepräsidenten Ion Ilescus, am 6. März in Genf.
Dumitru Mazilu, der seit 1985 als Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen zum Thema Menschrechte und Jugend in Rumänien arbeitet, war bereits unter der Ceausescu-Diktatur wegen eines ersten, sehr kritischen Berichtes ein Opfer harter Verfolgung geworden und sah sich auch unter der neuen Führung Repressionen ausgesetzt, nachdem er im August 1990 einen Folgebericht vorgelegt hatte, in dem er die Menschenrechtslage ebenfalls sehr negativ darstellte. Die Regierung sperrte ihm sein Einkommen und seine Pension, Drohbriefe erreichten ihn.
Einen Tag vor der Attacke in Genf hatte er der Menschenrechtskommission der UNO einen dritten Bericht zur rumänischen Menschenrechtssituation übergeben.
Der Überfall auf Dumitru Mazilu trägt die deutliche Handschrift der offiziell zwar aufgelösten, aber innerhalb der neuen Sicherheitskräfte aktiven Securitate, die damit zum ersten Mal nach der Revolution wieder offen auf ausländischem Boden agiert hätte.
Seit November letzten Jahres, als sich bereits abzeichnete, daß der Europarat Rumänien den beantragten Gaststatus zuerkennen würde, mehren sich die Anzeichen dafür, daß die politische Führung des Landes unter der stets erneuerten Schutzbehauptung, Rumänien befinde sich in einer schwierigen „Übergangsphase zur Demokratie“ weiterhin mittelbar oder unmittelbar die Unterdrückung der gesamten Opposition betreibt. Damit wird nicht die Demokratisierung, sondern die Restaurierung alter Machtstrukturen anstrebt.
Der tätliche Angriff auf Dumitru Mazilu findet seine Analogie in den schweren Gewalttätigkeiten und brutalen Übergriffen gegen oppositionelle Intellektuelle und Journalisten im Januar 1990 sowie dem verstärkten Druck auf aktive Gewerkschafter.
Ein neues Gesetz, das bei „Verleumdung des rumänischen Systems“ den Entzug der Staatsbürgerschaft androht, kann als tödliche Waffe gegn die Opposition benutzt werden.
Das gleiche gilt für das ebenfalls im Januar erlassene Dekret zur Funktion der nationalen Verteidigung, in dem die „Verteidigung der Verfassung“ durch die Armee und andere Sicherheitskräfte festgeschrieben ist.
Die Wiedereinführung der Meldepflicht für privat übernachtende Ausländer sowie die Verweigerung von Visa an der Grenze sind klare Versuche, Verbindungen von rumänischen Bürgern mit dem Ausland zu kontrollieren und womöglich einzuschränken.
Angesichts dieser Entwicklung fordert das Menschenrechtskomitee Rumänien die Bundesregierung und die Organe der Europäischen Gemeinschaft auf, die Menschenrechtsssituation in Rumänien mit größter Aufmerksamkeit zu betrachten und auf eine Verbesserung hinzuwirken.
Menschenrechtskomitee
Rumänien in der
Heinrich-Böll-Stiftung
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