: Taktischer Wutanfall Gorbatschows vorm ZK
■ Heftige Kritik der Gemäßigt-Konservativen und der „Ultras“ an der Amtsführung des Generalsekretärs/ Trotz der „gemeinsamen Erklärung“ läuft der Streik in Minsk weiter
Moskau (dpa/taz) — Mit einem taktisch motivierten Rücktrittsangebot reagierte Generalsekretär Gorbatschow auf massive Kritik, die gestern auf einer geschlossenen Sitzung des Zentralkomitees der KPdSU an seiner Amtsführung geübt worden war. Nach einer Sitzungspause folgte das ZK mit überwältigender Mehrheit einem Antrag des Politbüros, sich mit der Rücktrittsfrage nicht zu befassen. Der stellvertretende Generalsekretär Iwaschko erklärte, das Angebot Gorbatschows entspräche nicht „der gegenwärtigen Interessenlage“. Gorbatschow war zuvor von Iwan Poloskow, dem russischen Parteichef und Führer der gemäßigt-konservativen „Kommunistischen Gruppe“, vorgeworfen worden, er habe „die Partei preisgegeben“. Jedoch hatte sich Poloskows Gruppierung ebenso wie die „Marxistische Plattform“ und die Mehrheit der rechtsdogmatischen „Sojus“-Gruppe dagegen ausgesprochen, einen Sonderparteitag zur Absetzung Gorbatschows als Generalsekretär zu beantragen. Trotz der Ermahnung in der „Gemeinsamen Erklärung“ Gorbatschows und der neun Republikchefs, die Streiks zu beenden, läuft der Generalstreik in Minsk weiter, ebenso der Ausstand der Bergleute. SEITE 8
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