: Rußlands frei gewählter Präsident heißt Jelzin
■ Bei den russischen Präsidentschaftswahlen erhielt der Favorit Jelzin 55 Prozent der Stimmen/ Auch die Bürgermeister Moskaus und Leningrads, Popow und Sobtschak, in Direktwahl bestätigt
Moskau (apf/ap/dpa/taz) — „Stehaufmännchen“ Boris Jelzin hat es im ersten Anlauf geschafft. Nach vorläufigen Angaben der Wahlkommission hat der russische Parlamentspräsident bei den Präsidentschaftswahlen in der Russischen Föderation mit etwa 55 Prozent der abgegebenen Stimmen die absolute Mehrheit erhalten. Ein zweiter Wahlgang wäre damit überflüssig.
Jelzins schärfster Konkurrent, der frühere sowjetische Ministerpräsident Nikolai Ryschkow, landete mit 20 bis 30 Prozent deutlich abgeschlagen hinter seinem Rivalen. Die übrigen vier Kandidaten können unter „ferner liefen“ verbucht werden. Gleichzeitig wurden in den beiden größten russischen Städten, in Moskau und Leningrad, die Bürgermeister gewählt. In Moskau erreichte das amtierende Stadtoberhaupt Gawriil Popow, in Leningrad Anatoli Sobtschak, ebenfalls bisher schon Bürgermeister, eine absolute Mehrheit von knapp über 60 Prozent. Beide gehören wie Jelzin der Bewegung Demokratisches Rußland an.
Am Mittwoch wurde aus Moskau bekannt, daß Gorbatschow persönlich Attacken des staatlichen Fernsehens auf Jelzin verhindert hat. Gorbatschow habe am Dienstag, so wurde durch einen Fernsehbericht bekannt, beim Chef des Staatsfernsehens angerufen, um eine Reihe von Beiträgen gegen Jelzin zu stoppen. In den letzten Tagen hatten die zentralen Medien Moskaus mit einer massiven Kampagne versucht, Jelzin unter anderem in Verbindung mit der italienischen Mafia zu bringen. Die 'Prawda‘ hatte am Montag ein Psychogramm Boris Jelzins veröffentlicht, in dem diesem vorgeworfen wurde, er sei „seelisch labil, geistig beschränkt, machthungrig und emotional“. SEITE 8
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