: Weicher Regen in Wimbledon
■ Der Eröffnungstag der 105. All England Championships mußte komplett abgesagt werden
London (dpa/taz) — Der erste Punkt bei den 105. All England Championships in Wimbledon ging an die Londoner Meteorologen. „Stärker werdenden Regen und einen nassen Abend“ hatten sie für den Eröffnungstag des bedeutendsten Tennisturniers der Welt vorhergesagt — und sie behielten recht. Der Himmel über London präsentierte sich am Montag grau in grau, kontrastierend dazu glänzten die grünen Planen über den empfindlichen Rasenplätzen und von den Ständen der Erdbeerverkäufer ergossen sich Sturzbäche. Wimbledon 1991, das größte Ereignis für 256 männliche und weibliche Tennisprofis, begann ohne einen einzigen Ballwechsel. Um 19.45 Uhr kam die endgültige Absage.
Wimbledon hat seine Besonderheiten, und zu denen gehört neben dem efeubewachsenen, ehrfurchtgebietenden Portal des Centre Courts, den alles beherrschenden Clubfarben grün und lila, dem stets spürbaren Hauch von Tradition und Etikette eben auch das Warten auf besseres Wetter. Dennoch ist niemand an der Church Road beunruhigt. Denn noch nie hat der Regen ein ganzes Turnier versinken lassen, gerade 25 Spieltage mußten seit 1877 komplett abgesagt werden. Die letzte ganztägige Zwangspause wurde am 22. Juni 1987 eingelegt, ebenfalls am Eröffnungstag.
Doch der Trost, den die Statistik bereithält, war schwach. Ungewißheit beherrschte das Turniergeschehen, obwohl die offiziellen „Wetterfrösche“ ein Fünkchen Zuversicht schürten: „Es gibt jede Hoffnung, daß am Nachmittag besseres Wetter auftritt“, lautet ihre Prognose für den Dienstag. Noch in den Mittagsstunden dämpfte der inoffizielle Londoner Wetterfrosch der taz die Hoffnungen auf ein Ende des „soft rain“: „Die Lage ist fürchterlich, es kann jeden Moment wieder anfangen.“
Das ursprünglich für Dienstag vorgesehene deutsch-deutsche Duell zwischen dem dreifachen Wimbledon-Gewinner Boris Becker und Carl-Uwe Steeb dürfte nun erst heute ausgetragen werden, der Ausgang dieses Matchs schien dafür etwas berechenbarer als das Wetter. „Der Turniersieg in Genua am Sonntag ist gut für Steeb, aber schlecht für ihn im Spiel gegen Becker“, meinte der deutsche Daviscup-Teamchef Niki Pilic und wagt entgegen sonstigen Gepflogenheiten eine eindeutige Prognose: „Gegen einen Becker in Normalform hat ,Charly‘ auf Rasen keine Chance.“ Für die Zuschauer, die nichts zu schauen hatten, gab es immerhin den Trost, das Geld nicht zum Fenster hinausgeworfen zu haben. Weil der Spieltag komplett dem Wetter zum Opfer fiel, haben die Karten-Inhaber eine Option — für den Eröffnungstag 1992.
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