SAMSTAG: Der Castillo-Coup / Der Kerl liebt mich - und das soll ich glauben? / Camomille - versteckte Leidenschaft / Die Herberge zum Drachentor / Reich und gnadenlos

DER CASTILLO-COUP

Mit dieser WDR-Produktion lädt die ARD ihre Zwangsabonnenten zum dritten Mal ins „Krimi-Sommertheater“, und der Inhaltsangabe zufolge ist das selbstgebastelte Spannungsspielchen um einiges origineller geraten als Ich lüge nie, der in Amerika eingekaufte dumpfe Eröffnungsfilm der zehnteiligen Kriminalfilmreihe.

Markus Stauder, eine verkrachte Existenz, wird beim Goldschmuggel erwischt. Das investierte Geld ist weg, und obendrein muß er eine saftige Geldstrafe bezahlen. Mit einem neuen Coup will er sich sanieren, und zu diesem Zweck sucht er sich eine ungewöhnliche Komplizin: Corinna Castrup, die Richterin, die ihn verurteilt hat. Die merkt erst mit Verspätung, welche Rolle ihr in Stauders Spiel zugedacht ist... — Man darf also gespannt sein.

(ARD, 20.15 Uhr)

DER KERL LIEBT MICH — UND

DAS SOLL ICH GLAUBEN?

Uschi Glas spielt mit, Horst Janson spielt mit, Stefan Behrens tut's auch — und trotzdem ist kein Schlagerfilm daraus geworden. Das Drehbuch schrieben Florian Hopf und Klaus Lemke, inszeniert hat Marran Gosov, und der meinte zu seinem Auftragswerk: „Ich sagte mir am Anfang, gut, das Buch ist schwach, die Besetzung paßt nicht, aber an Ort und Stelle werden wir improvisieren und versuchen, das ganze besser zu machen. Dazu kam, daß ich die sehr hohe Gage für den nächsten Film brauchte, den ich in eigener Produktion machen wollte. Der Film wurde ein mittelmäßiges Produkt und enttäuschte die finanziellen Erwartungen.“ — Schade aber auch.

(SAT.1, 20.15 Uhr)

CAMOMILLE — VERSTECKTE LEIDENSCHAFT

Mit diesem Film gelang Mehdi Charef der Beweis, daß sein Filmdebüt Tee im Harem des Archimedes kein Zufallstreffer gewesen war. „Einfach, schön, stark und wahr“, nannte Regiekollege Luc Besson diese seltsame Beziehungsgeschichte zwischen einem kontaktgestörten Jungen und einer Drogenabhängigen aus besseren Kreisen.

Martins Leben ist eine Tretmühle. Er arbeitet als Bäckergeselle; sein bißchen Freizeit wird von der Mutter eifersüchtig überwacht. Neben der Arbeit und der Mutter gibt es in Martins Leben nur eines: Autos. Er wohnt inmitten alter Autoteile, und er bastelt in jeder freien Minute an einer wunderschönen alten Limousine, einen Panhard 58, der bis auf den Tankdeckel komplettiert und funktionstüchtig ist.

Durch Martins Begegnung mit der drogenkranken Camille gerät diese Tristesse ewig gleicher Verrichtungen völlig durcheinander. Sie hat sich bereits absichtlich den goldenen Schuß gesetzt, als Martin sie findet und ins Krankenhaus bringt. Einige Tage später steht sie in Martins Wohngarage und verlangt von ihm das Geled für die Überdosis, um deren Wirkung er sie ihrer Meinung nach betrogen hat. Widerwillig erfüllt er ihre Forderung und betrachtet die Angelegenheit als erledigt. Anderntags kommt er von der Arbeit heim und findet Camille schlafend in seinem Bett — der Beginn einer behutsamen Annäherung und letzten Endes einer rührenden Liebesgeschichte. Sehr schön.

(Nord 3, 22.10 Uhr)

DIE HERBERGE

ZUM DRACHENTOR

Seit 1963 inszeniert der chinesische Regisseur King Hu (eigentlich: Hu Chin-Chuan) Spielfilme, aber erst jetzt wird er auch hierzulande allmählich populär. Die aktuelle Produktion Swordsman, an der der nunmehr 60jährige als Co-Regisseur beteiligt war, lief in diesem Jahr im Programm der Berliner Filmfestspiele in der Sektion Internationales Forum des jungen (!) Films und soll noch im Laufe des Jahres in unsere Kinos kommen.

King Hu wurde 1931 in Peking als Sproß einer großbürgerlichen Familie geboren. Zur Zeit der Machtübernahme der Kommunisten hielt er sich in Hongkong auf und blieb dort. Er hatte Kunst studiert und arbeitete unter anderem als Bühnenbildner, Radiomoderator, Schauspieler und Drehbuchautor, bevor er seinen ersten eigenen Film drehen konnte, mit dem er das Genre der „Martial Arts“- Filme nachhaltig beeinflußte. Ein Jahr später überwarf er sich mit seinen Auftraggebern, den Hongkonger Studio-Tycoons Run Run und Runme Shaw, nachdem sein Film The Sons and Daughters of the Good Earth, ein Epos über den chinesischen Widerstand gegen die japanichen Besatzer, aus politischen Gründen bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden war. In Taiwan konnte Hu eine Karriere fortsetzen; sein erster im neuerlichen Exil entstandener Film war Die Herberge zum Drachentor. In seiner Geschichte des Eastern schrieb Otto Kuhn: „Der Film wurde King Hus größter finanzieller Erfolg — dank der ausgefeilten Choreographie der Kampfszenen, bei denen der Regisseur auf die Traditionen der klassischen Peking-Oper zurückgegriffen hatte.“ So kann's gehen.

(ZDF, 0.25 Uhr)

REICH UND GNADENLOS

Reich und gnadenlos war Mariangela Melato schon in Lina Wertmüllers 1974 gedrehter Allegorie Hingerissen, die mit erheblicher Verspätung erst in diesem Jahr in deutsche Filmtheater gelangte. Dort schikaniert die Melato als strapaziöse „Kapitalistenschlampe“ den telleräugigen Giancarlo Giannini zunächst, verliebt sich dann nicht minder vehement in den stattlichen Naturburschen, um ihn schließlich harmvoll seinem Schicksal zu überlassen.

In Reich und gnadenlos wird die Geschichte weitergedacht: Als Konzernchefin Fulvia ist Mariangela Melato wiederum ebenso reich wie unausstehlich, und erneut fällt ihr ein Süditaliener zum Opfer. Diesmal muß jedoch nicht Lina Wertmüllers Stammschauspieler Giannini herhalten, vielmehr mausert sich ZDFs Mafiajäger Michele Placido zum Lustobjekt. Als sizilianischer Bandit steht er ausnahmsweise auf der anderen Seite des Gesetzes. Weil Fulvia es sich leisten kann, läßt sie den Räuber und Entführer spaßeshalber einsperren. Allein Amor verhindert, daß die so nüchtern kalkulierte Aktion plangemäß abläuft; einmal mehr überwindet die Liebe alle Klassenschranken. Oder umgekehrt. Je nachdem.(RTL plus, 0.50 Uhr)