Verabschiedung des „Kohleausstiegsgesetzes“: Kein Geld fürs Gestern!

Wir steigen fast 10 Jahre später als die anderen EU-Länder aus der Kohle aus und zahlen noch Milliarden.

Demonstrantin bei der FFF-Demo am 2. Juli in Berlin. Bild: dpa

Ein Gastbeitrag von LEONIE BREMER und HELENA MARSCHALL

Am Vormittag des 3. Juli 2020 hat sich die Koalition mit ihrem Kohlegesetz von dem Pariser Abkommen verabschiedet. „Macht euch das traurig?“, „Habt ihr noch Hoffnung?“ Diese Fragen sind der Tinnitus, der uns im Alltag begleitet.

Eigentlich sollte über klimapolitische Fehlgriffe und mögliche Handlungsalternativen diskutiert werden, aber dieses Kohlegesetz ist – wie so oft – ein Vollsprint in die falsche Richtung. Wir haben uns damit unserer globalen Verantwortung entzogen und lassen Klima-Aktivistinnen wie Hilda Flavia Nakabuye aus Uganda im Stich. Obwohl der Kohleausstiegs-Pfad nicht mit den eigenen Klimazielen und erst recht nicht mit Paris vereinbar ist wurde dieser für frühestens 2035, wahrscheinlich 2038, beschlossen.

Wir steigen fast 10 Jahre später als alle anderen EU Ländern aus der Kohle aus und zahlen dazu noch 4,35 Milliarden Steuergelder an die Kohle-Konzerne. Wofür die Unternehmen entschädigt werden ist nicht ganz klar, da 90% der Kohlekraftwerke in Deutschland letztes Jahr ihre eigenen Kosten nicht mehr decken konnten. Dazu schweigt das Bundeswirtschaftsministerium weiterhin. Somit ist das Gesetz demokratisch höchst fragwürdig und weder wirtschaftlich und noch klimapolitisch sinnvoll und gleicht einer Bankrotterklärung.

Dass wir aber die Klimakrise als abstraktes politisches Problem und noch nicht als akute persönliche Bedrohung wahrnehmen können, ist ein großer Luxus. Während hier von „Kohle-Kompromissen“ und „Abwägen von Interessen“ gesprochen wird, spüren die Menschen im Globalen Süden jetzt schon die vollen Folgen der Klimakrise. Sie verlieren ihre Ernte, ihre Lebensgrundlage, ihre Familienmitglieder und Ihre Heimat. Und während es für uns vielleicht ungemütlich ist daran zu denken, ist für sie die Krise bereits existentiell.

SPD verkauft sich als Klima-Champion

Währenddessen legt die Bundesregierung ein unannehmbares Kohlegesetz vor. Die SPD, die sich nach der Verhinderung der Abwrackprämie als großer Klima-Champion verkauft hat, verschwurbelt sich diese Tage mit Saskia Esken auf Twitter immer weiter in komplizierten Ausrede-Tweets. Esken sagt der Atomausstieg habe ja auch so lange gedauert und man habe sich auch einen früheren Ausstieg gewünscht. Man hoffe weiterhin auf gute Zusammenarbeit mit den Klimaaktivist*innen.

Wir fragen uns ob die SPD eigentlich eine Regierungspartei ist. Was sollen wir also unserer Freundin Hilda aus Uganda sagen? Deutschland, fördert noch weitere 18 Jahre Kohle. Ja, wir können ohne, aber die CDU wollte nicht und die SPD hatte Angst?

Die Folgen der Klimakrise töten in Nähe des Lake Victorias, wo Hilda lebt, schon jetzt Menschen und in der Zukunft werden es noch viele mehr sein. Das Schicksal der Menschen im globalen Süden ist zum großen Teil der realitätsfernen Politik der Großen Koalition zuzurechnen. Wir haben es hier mit zwei Parteien zu tun, die vollkommen an den gesellschaftlichen Mehrheiten und Verhältnissen außerhalb des Parlaments vorbei regieren. Mit diesem Kohlegesetz machen sie sich bei der nächsten Bundestagswahl schlichtweg unwählbar.

Die Studentinnen Leonie Bremer und Helena Marschall engagieren sich bei Fridays for Future.

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