: Ägypter wird überraschend neuer UN-Generalsekretär
■ Ohne Gegenstimmen nominierte der Sicherheitsrat der UNO Butros Ghali, Ägyptens stellvertretenden Ministerpräsidenten, zum neuen Generalsekretär Afrika und Blockfreie setzten sich durch/Ghali verfügt über gute Beziehungen zu den USA/ Zustimmmung der Vollversammlung gilt als sicher
New York/Berlin (ips/taz) — Die Würfel sind gefallen: Der nächste Generalsekretär der Vereinten Nationen wird Butros Ghali heißen. Mit der Entscheidung für den stellvertretenden ägyptischen Ministerpräsidenten setzten sich gestern im UNO- Sicherheitsrat Afrika und die Blockfreienbewegung durch — erstmals wird ein Afrikaner dieses Amt bekleiden. Gleichzeitig erfüllt der neue Mann aber eine wesentliche Bedingung für die Ära nach dem Kalten Krieg: Er verfügt über gute Beziehungen zu den USA.
Es ist der „wichtigste, frustrierendste, entmutigendste und sicherlich einzigartige Job der Welt“, lautet eine Aufschrift im Gebäude des Generalsekretariats am UNO-Sitz in New York, angebracht unter den Photographien der fünf Männer, die seit der Gründung der UNO 1945 dieses Amt innehatten.
Am 1.Januar wird Butros Ghali die Nachfolge des amtierenden UNO-Chefs Javier Perez de Cuellar antreten. Unerwartet klar und rasch setzte sich der Ägypter gegen seine verbliebenen zwölf MitbewerberInnen durch. Die Entscheidung fiel schon bei der ersten geheimen Abstimmung im 15köpfigen UNO-Sicherheitsrat, wo er mit elf Stimmen bei vier Enthaltungen gewählt wurde.
Sein Konkurrent, der simbabwische Finanzminister Bernard Chidzero, kam entgegen früheren Probedurchgängen nur mehr auf sieben Stimmen. Keine der übrigen BewerberInnen konnte mehr als sechs Stimmen und damit eine einfache Mehrheit auf sich vereinigen. Boutros Ghali war auch der einzige, gegen den offenbar niemand im UNO-Sicherheitsrat etwas einzuwenden hatte.
Er gehörte zu den insgesamt sechs Kandidaten, die die Organisation Afrikanischer Einheit (OAU) für die Nachfolge Perez de Cuellars aufgestellt hatte, um den Anspruch Afrikas auf den Posten des Generalsekretärs zu untermauern.
Delegierte der OAU hatten diese Woche sogar damit gedroht, die Frage der Rassendiskriminierung aufs Tapet zu bringen, falls neuerlich, wie schon seit Bestehen der UNO, keiner ihrer Kandidaten die Zustimmung des Sicherheits finden sollte. Mit Trygve Lie, Dag Hammerskjöld und Kurt Waldheim war dieser Posten bislang dreimal mit einem Europäer besetzt gewesen, aus der „Dritten Welt“ stammten der Birmese U Thant und der Peruaner Perez de Cuellar.
Auf internationaler Ebene fand die Entscheidung des Sicherheitsrates gestern durchweg positive Resonanz. Die Wahl des Ägypters durch die UNO-Generalversammlung ist nur mehr eine Formalität. Schon am Montag dürfte Ghali vereidigt werden.
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