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TV-Voyeurismus

■ Das Leben schreibt die besten Einschaltquoten

Neulich bei Kaiser's an der Kasse: „Haben Sie am Wochenende ferngesehen?“, fragt die Verkäuferin einen Kunden. Doch der dunkelhäutige Herr ist sich keiner Schuld bewußt und nestelt irritiert an seiner Geldbörse. Was er nicht zu wissen scheint, erfährt er von der nachfolgenden Dame in der Warteschlange. „Da lief doch Traumhochzeit, und ein, na ja, ein Farbiger hat in der Show gewonnen und live geheiratet.“ Na so was, und das im deutschen Fernsehen!

Gesprächsthema „Seite eins“ in der 'BZ‘ vom Montag ist eine andere der Paarungsshows, die derweil über alle privaten und öffentlich-rechtliche Kanäle flimmern: „Glatze im TV. Jetzt Sie, Herr Schanze“, titelt das Springer-Blatt. Hatten sich doch in Flitterabend zwei Kandidaten eine Glatze scheren lassen, als ihnen ein Kopfgeld von jeweils 2.000 Mark winkte. Die Empörung über das Medienereignis steigert auch die Zeitungsauflage. Spätestens seit den CNN-Erfolgen während der Golfkrise ist den Programm-Machern bewußt, daß die Realität die Fiktion auch in der Einschaltquote zu übertreffen vermag. Von True-Crime- Magazinen wie Polizeireport bis hin zu den Liebesspielen, die sich nicht zuletzt die Einsamkeit der Menschen einer Industriegesellschaft zunutze machen, werden die Grenzen zwischen Medienwelt und „wirklichem Leben“ zunehmend aufgehoben. Zwar nimmt sich der TV-Voyeurismus mit abgefilmtem Heiratsantrag noch vergleichsweise harmlos aus, wenn man sich anschaut, was inzwischen in Italien TV-Realität geworden ist: Dort gingen am Freitag sogar die Bilder einer Hinrichtung auf dem elektrischen Stuhl über den Bildschirm. SaJa

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