Die zeozwei-Liste zur Buchmesse: Gedanken, die neu sind

zeozwei sortiert Literatur neu und sucht nach Büchern mit Zukunft.

Man muss die Einteilung von Bücherlisten in Belletristik und Sachbuch nicht grundsätzlich angreifen. Man kann sie einfach stehen lassen und trotzdem sagen: Wir haben gute Gründe, es anders zu machen. Auf dieser Grundlage ist die Buchliste des taz-Magazins zeozwei entstanden. In der neuesten Heftausgabe, die am kommenden Dienstag erscheint, gehen wir einen Schritt weiter und präsentieren vor und für die Leipziger Buchmesse (23. bis 26. März) auf 16 Seiten unsere „Bücher mit Zukunft“.

Das ist nämlich das, was uns interessiert: Politik und Zukunft. Gedanken, die neu sind und Zukunft haben. Ob sie in einem Roman enthalten sind, einem Sachbuch oder wegen uns auch einem Krimi, ist dafür irrelevant.

Beispiel: Der neue Roman des Züricher Schriftstellers Jonas Lüscher mit dem Titel „Kraft“. In seiner Erzählung eines Tübinger Rhetorikprofessors, der ins Silicon Valley reist, thematisiert Lüscher zentrale Entwicklungen, die über unsere Zukunft entscheiden. Das strikt instrumentalistische Denken der Silicon-Valley-Unternehmer und ihr fester Glaube an Technik als Lösung für alles, bis hin zur Unsterblichkeit.

Unser Titelthema: Kirche gegen Schöpfung. Warum reden Katholiken und Evangelen immer schön über die „Bewahrung der Schöpfung“, tun aber viel zu wenig dafür? Stimmt doch überhaupt nicht, sagten uns Winfried Kretschmann und Malu Dreyer, CDU-Vize Julia Klöckner und die grüne Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt. Unsere Recherche steht im krassen Gegensatz dazu.

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Ende der alten Welt

Auf der anderen Seite das komplexe europäische Denken, das ganz andere Probleme sieht als die Kalifornier, aber nie an den Punkt kommt, an dem es um Lösungen geht. Der Wissenschaftler Kraft ist komplett verwirrt vom Ende der alten Welt, wie er sie kannte. Er hat keine Antwort mehr. Und dies, obwohl er sein Leben lang ein Wirtschaftsliberaler ist. Oder besser gesagt, war. Aber er war alles nur theoretisch. Und damit war er nichts. Das ist der fundamentale Gedanke. Interessanterweise ist die stärkste Komponente des Buches nicht die Imagination oder Narration, sondern es sind die essayistischen Passagen, mit denen er die neue Welt vermisst. Da wird der Literaturkritiker mosern, aber für uns zählt der Gedanke.

Selbstverständlich besprechen wir auch politische Zeitdiagnosen wie Ralf Fück s ’ „Freiheit verteidigen“. Und Konzepte für wirklichkeitsorientierten gesellschaftlichen Wandel wie Felix Ekardts „Wir können uns ändern“. Die neue Nummer 1 der zeozwei-Liste ist aber Eva Menasse mit ihrem Kurzgeschichtenband „Tiere für Fortgeschrittene“, eine Bestandsaufnahme der deutschsprachigen Mittelschichtsgesellschaft und der Geschichten, die sie sich über sich erzählt. Und an denen manche Protagonisten jetzt zweifeln, wie die Autorin offensichtlich auch. Ist es so, wie ich immer dachte – oder vielleicht ganz anders?

„Seit meinem Erwachsenwerden habe ich mich noch nie so hoffnungslos gefühlt“, sagt Eva Menasse im zeozwei-Gespräch. Sie sagt auch: „Wir haben unsere liberale Gesellschaft zu wenig verteidigt.“ Mehr dazu in der neuen zeozwei. Seien Sie gespannt.

Hanna Gersmann und Peter Unfried, zeozwei-Chefredakteure

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