piwik no script img

RussInnen erhalten Reisefreiheit

■ Ausreisegesetz tritt am 1. Januar 1993 in Kraft/ Mühsame Regierungsbildung: Boris Jelzin will Wirtschaftsreformer auch im zukünftigen Kabinett sehen

Moskau (AP/dpa/taz) – Jede russische Bürgerin und jeder russische Bürger dürfen künftig ins Ausland reisen – wenn sie keine Unterhaltszahlungen leisten müssen, nicht wegen eines Verbrechens gesucht werden und keine Träger von Staatsgeheimnissen sind. Voraussetzung ist des weiteren ein Einreisevisum für das Land ihrer Wahl. Nach kurzer Debatte hat das russische Parlament am Mittwoch ein entsprechendes Gesetz gebilligt. Es tritt ab 1.1.1993 in Kraft.

Während seiner sechsjährigen Amtszeit hatte der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow die Reisebeschränkungen bereits gelockert. Im Mai 1991 verabschiedete die UdSSR ein Emigrationsgesetz, das aber bis zum Zusammenbruch der Union am Ende vergangenen Jahres nicht mehr in Kraft trat.

Unterdessen haben Präsident Boris Jelzin und Regierungschef Viktor Tschernomyrdin weiter über die Zusammensetzung des künftigen russischen Kabinetts verhandelt. Letzterer hatte bereits am Vortag seine Konsultationen beendet und dem Präsidenten seine Ministerliste vorgelegt. Gestern traf sich Jelzin in seiner Residenz nahe Moskau mit zahlreichen Kandidaten.

Nach den Worten von Präsidentensprecher Wjatscheslaw Kostikow bestand Jelzin bei den Beratungen mit Tschernomyrdin weiter darauf, daß der Kern der Regierungsmannschaft von Chefreformer Jegor Gaidar weiter im Kabinett bleibe. Er habe den Rücktritt der Sozialministerin Ella Pamfilowa nicht angenommen, hieß es bei Interfax. Frau Pamfilowa hatte am Montag erklärt, sie stelle ihr Amt zur Verfügung. Was Frau Pamfila nicht durfte, durfte hingegen ihr Amtskollege, der bisherige Außenwirtschaftsminister Pjotr Awen: seinen Hut nehmen. Tschernomyrdin ließ ihn gehen.

Dagegen bleiben die beiden bisherigen stellvertretenden Ministerpräsidenten Georgi Chischa und Alexander Schochin im Amt.

Das Parlament verlangte auf seiner Sitzung am Mittwoch, daß der Präsident vor Bekanntgabe der gesamten Kabinettsliste die Kandidaten für die Ämter des Außen-, Innen-, Verteidigungs- und Sicherheitsministers zur Abstimmung stellen müsse.

Ein entsprechendes Regierungsgesetz hatte das russische Parlament am Tag zuvor nach monatelangem Tauziehen beschlossen. Alle übrigen Minister und die stellvertretenden Regierungschefs werden vom Ministerpräsidenten vorgeschlagen und vom Präsidenten ernannt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen