Der Mensch als Teil der Maschine: Wer übernimmt den Planeten Erde?

„Gaia“-Wissenschaftler James Lovelock sieht in künstlicher Intelligenz die größte Gefahr für die Menschheit – und gleichzeitig die einzige Chance, zu überleben.

Bild: Christoph Schmidt dpa

Der britische Wissenschaftler James Lovelock dachte lange, dass eine Klimakatastrophe im 21. Jahrhundert 80 Prozent der Menschen ausradieren würde. Jetzt sieht er künstlich intelligente Roboter als größte Gefahr. „Ich habe mich getäuscht“, sagte er dem taz-Magazin zeozwei. „Die denkenden Maschinen können die Macht übernehmen, wenn wir sie einfach so weitermachen lassen. Ihre rapide Entwicklung ist der größte Faktor, den ich damals nicht erkennen konnte.“

Lovelock ist einer der bedeutendsten Wissenschaftler der letzten 50 Jahre. Er gilt als der Begründer der Gaia-Hypothese, wonach die Erde („Gaia“) ein ganzheitliches Lebewesen ist, das sich verändert, wenn sein Gleichgewichtszustand bedroht ist, etwa durch Abkühlung oder als Folge der Industrialisierung durch Erhitzung. Gerade hat er ein wunderbares Buch herausgegeben:„Die Erde und ich“ (Taschen 2016, 29,99 €). Er sieht es als „ein Handbuch, in dem die grundlegenden Dinge stehen, die wir gelernt haben während unserer Zeit auf der Erde.“

Für Lovelock geht es nicht darum, den Planeten zu retten, wie gern gesagt wird. Das sei eine Anmaßung und weder nötig, noch für Menschen möglich. Egal, wie schlimm der Klimawandel würde, „die Biosphäre, der lebendige Teil der Erde, würde einfach weitermachen. Deshalb ist der Terminus vom Planeten retten schlicht nicht angebracht. Man kann sagen, dass man die Menschheit retten will.“

Eine neue Form von Leben

In dieser Hinsicht sieht er, dass „die imminente Gefahr von Computerchips ausgeht, aus denen sich eine neue Form von Leben herausbildet.“ Lovelock sagt: „Die einen machen mir keine Sorgen, das sind große Versionen von Computern, die nur denken, was ihnen gelehrt wird. Aber andere sind Hybride zwischen Maschine und Mensch, sind mehr wie ein Gehirn, die bringen sich selbst etwas bei. Und wenn ein Gehirn sich so entwickelt, dass es sein Wissen alle 20 Jahre um das Tausendfache vergrößert, dann ist das beängstigend.“

Menschen hätten es geschafft, Energie in Information zu verwandeln. „Information ist fundamental für das Universum. Das ist auf eine Art so wichtig wie die Photosynthese. Aber es bedeutet nicht, dass wir für immer leben werden. Oder für immer Chef sein werden.“ Es könne aber bedeuten, dass menschliche Intelligenz das Leben in die Lage versetzen kann, in eine ferne Zukunft vorzudringen – in welcher Form auch immer.

Lovelock denkt in großen Zeiträumen. „Unser Planet wird früher oder später zu heiß für das Leben biochemischer Organismen. Also muss irgendetwas diesen Planeten übernehmen. Und deshalb ist die Umwandlung von Energie in Information ein wichtiger Schritt. Es erhöht die Lebensspanne des Menschen sehr beträchtlich.“ Wenn er es klug anstellt, soll das heißen, kann der Mensch als ein Teil der Maschine weiterexistieren, auch wenn ihm das als Bioorganismus nicht mehr möglich ist.

,Lovelock ist übrigens 97 und heiter. Auf die Frage von zeozwei nach den Plänen für seine persönliche Zukunft, sagte er: „Einen schönen Spaziergang machen.“

Das ganze Gespräch finden Sie in der Weihnachtsausgabe von zeozwei.

PETER UNFRIED ist Co-Chefredakteur von zeozwei.

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