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Böse Onkels ohne Kasperletheater

■ Mit einem neuen ZDF-Magazin wollen Bodo Hauser und Ulrich Kienzle das Polit-TV renovieren

Ein öffentlich-rechtliches Spitzenprodukt soll da auf den Medienmarkt geworfen werden, allererste Programmware zur Prime Time am Dienstagabend. „Ein Magazin, auf das wir stolz sein können“, hatte ZDF-Chefredakteur Klaus Bresser schon im letzten Herbst angekündigt, eine „neue Mischung aus optisch Opulentem und zeitkritischem Journalismus“.

„Frontal“ heißt das Prestigeprojekt bisher. Intendant und Fernsehrat des ZDF fühlen sich durch den Arbeitstitel allerdings zu sehr an den „Anschreijournalismus“ der kommerziellen Konkurrenz erinnert und suchen deshalb noch nach dem endgültigen Namen für die Sendung.

Der Necktitel „Frontal und Rektal“ hat dabei den Weg von den Anstaltsgängen in die engere Auswahl der Chefetage ebensowenig schaffen können wie der Kosename „Die bösen Onkels“.

Der ZDF-interne Klamauk nimmt die beiden Leiter der Sendung auf die Schippe, die bereits ihre Arbeit aufgenommen haben: Bodo Hauser, kahlköpfiger Rechtsausleger des Mainzer Senders und bisher Chef des wenig erfolgreichen „Studio1“, und Ulrich Kienzle, auf SPD-Ticket reisender Schnauzbart, der von Radio Bremen vor einigen Jahren als Auslandschef zum ZDF gewechselt war.

Zusammen sollen die beiden politisch konträr ausgerichteten Charakterköpfe dem Pluralismusgebot der Anstaltsleitung gerecht werden. „Nicht rechts und nicht links“ hatte Chefjournalist Bresser als Marschrichtung ausgegeben und seinen festen Willen bekundet, mit dem neuen Magazin „aus den alten Gräben“ herauszukommen und den „Schwanengesang für den Bedienungsjournalismus“ anzustimmen.

Die Magazinmacher loben zwar die plurale Einteilung ihrer Redaktionsmannschaft, in der das ganze Meinungsspektrum vorhanden sei. Doch schließlich gebe es handwerkliche Maßstäbe, gibt Ulrich Kienzle zu bedenken, „wir sind ja keine Politbeamten, sondern Journalisten“. Sehr pointierte Beiträge mit klaren Standpunkten werde es auch in „Frontal“ geben, stellt Bodo Hauser klar: „Ich hielte es für die Potenzierung der Langeweile, wenn jeder einzelne Beitrag so ausgewogen sein müßte, daß man beim Zuschauen einschläft.“

Vermeiden wollen die Mainzelmänner politisch klar einsortierten Magazinjournalismus à la „Monitor“ oder „ZDF-Magazin“. Als meinungsmachende Herdenführer wollen die Moderatoren Hauser und Kienzle in „Frontal“ nicht auftreten. „Sektenbildung im Fernsehen halte ich für verfehlt“, erklärt Kienzle und will mit dem „Zeigefingerjournalismus bestimmter Magazine“ nichts zu tun haben. „Die Zeit der Meinungspäpste ist vorbei“, ergänzt Kollege Hauser und wünscht sich mehr Fakten anstelle von „strammer Meinungsmache“.

Ebenso drastisch wollen sich die beiden Redaktionsleiter aber auch vom „Krakehljournalismus“ mancher privater Magazine abgrenzen. „Seriös bleiben, nicht ohne Härte zu zeigen“, möchte Ulrich Kienzle, dem „Spiegel-TV“ als Orientierung wichtiger ist als das „Kasperletheater“ der übrigen Magazinsendungen in den Privatkanälen. „Wir wollen Leute stutzig und nachdenklich machen.“

Hauser und Kienzle versuchen eine gewagte Gratwanderung zwischen den traditionell-biederen, parteipolitisch gegliederten ARD- Magazinen und den vermeintlich innovativen, temporeich-lauten Schöpfungen des Privatfernsehens. Schwierig dürfte das Unterfangen werden, „Frontal“ als Sendung aus einem Guß erscheinen zu lassen, trotz der beiden im wöchentlichen Wechsel moderierenden Spitzenleute mit teils gegensätzlichen Ansätzen und Ansichten.

Eine abwechselnd rechts und links gestrickte Sendung wäre denn auch der größte anzunehmende Fehltritt für die Magazinmacher. „Wenn dieses Eintüten einmal vorgenommen ist, kann man es sehr bequem fortschreiben“, fürchtet Bodo Hauser. „Das wäre das Ende des Magazins. Das werden wir mit allen Mitteln verhindern.“

Mit gemeinsamer Themenplanung, engen Absprachen und der Teilnahme des jeweils Dienstfreien in der Sendung des Moderatorenpartners soll von Anfang an gegengesteuert werden.

Die inhaltliche Mischung von „Frontal“ ist im übrigen nicht gerade erregend innovativ. Opulent gefilmte Reportagen, Glossen, aktuelle Live-Schaltungen, Kreuzfeuerinterviews und Streitgespräche sollen von einer Enthüllungsstory pro Woche gekrönt werden. Das sei ausreichend, meint Ulrich Kienzle, „weil der Zuschauer nicht serienweise Skandale verarbeiten kann“. Insgesamt ein eher traditioneller Mix der Darstellungsformen, wie auch Kienzle offen zugibt: „So wie gute alte Magazine in den sechziger Jahren“.

Thematisch will das ZDF mit seiner Dienstagsinformation weg von der reinen Politsendung. In der breiten Palette von „Frontal“ „könnte auch Fußballbundestrainer Vogts zum Thema werden“ oder gut gemachte „Personalitystories“ mit aktuellem Bezug Platz finden. Der Besuch des internationalen Topmodels Iman in ihrem hungergepeinigten Heimatland Somalia fällt Hauser und Kienzle dazu als passendes Beispiel ein.

Starten soll das neue ZDF- Dienstagsmagazin frühestens Ende März. Denn noch ist die Redaktionsmannschaft nicht komplett. Mit der Hälfte der „Studio1“-Truppe als Rumpfteam und nicht einmal einer Handvoll Neuerwerbungen blieb die Mitarbeitersuche der Mainzer bislang relativ erfolglos. Redakteure und Autoren zu finden ist schwierig geworden in Zeiten, da die etablierten Privatsender und Neulinge wie n-tv und vor allem Vox die besten Kräfte mit saftigen Gehältern vom Markt fischen.

„Das gibt jungen Leute eine Chance“, kommentiert Redaktionsleiter Kienzle den Bewerbermangel. „Es gehört mit zu unserer Aufgabe, Talente zu fördern, die kritischen Journalismus pflegen wollen.“

Mit Professionalität und Einfallsreichtum werden die ZDFler glänzen müssen, um im harten Wettbewerb der bald unzähligen Politmagazine zu überleben. Seriosität und Glaubwürdigkeit meinen die Mainzer dabei den Kommerzsendern voraus zu haben. Mit wöchentlich konzentrierter Wiedererkennbarkeit hoffen sie, die verwirrend strukturierten ARD-Magazine ausstechen zu können. „Es wird einen Überlebenskampf geben, in dem einige auf der Strecke bleiben“, weiß Ulrich Kienzle, „das bedeutet, daß wir uns anstrengen müssen, um nicht zu denen zu gehören, die verschwinden.“ Christoph Heinzle

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