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Mehr Rechte für die Rechten?

■ Etablierte Parteien streiten über den Umgang mit den rechtsradikalen Abgeordneten in den Bezirksparlamenten    Von Marco Carini

Für Werner Loewe ist die Sache klar. „Wir müssen den Eindruck vermeiden, daß das Kartell der Etablierten es nur mit Geschäftsordnungstricks schafft, die Rechten kleinzuhalten“, schreibt der SPD-Landesgeschäftsführer seinen Bezirks-Genossen ins Stammbuch. Denn in den drei Bezirken, in denen die rechtsextremen Parteien den Einzug in die Bezirksparlamente geschafft haben, herrscht bei den Lokalpolitikern helle Aufregung. Die Frage: Welche Mittel taugen, den Einfluß von DVU und Reps gering zu halten?

Beispiel Bergedorf: Hier, wo die DVU mit drei Personen in die Bezirksversammlung einziehen wird, entscheiden die Abgeordneten zu Beginn jeder Legislaturperiode neu, wer den Fraktionsstatus erhält. Bislang jede Partei, die über Fünf-Prozent-Hürde sprang. Dabei geht es vor allem ums Geld: So würde die DVU monatlich rund 4000 Mark Fraktionszuschüsse plus 1800 Mark Zusatz-Diäten kassieren, wenn sie als Fraktion anerkannt würde.

„Wir wollen die DVU weder in eine Märtyrer-Rolle drücken noch ihnen ohne Not Gelder zuschanzen“, beschreibt der Bergedorfer SPD-Chef Christoph Mallock das Dilemma. Auch CDU und GAL sind noch unentschieden, sie wollen am Donnerstag ihre Position festlegen.

In Harburg wurde die Geschäftsordnung erst kürzlich noveliert, um den zwei Abgeordneten der Grünen den Fraktionsstatus zu gewähren: Hier wird sich vermutlich nichts ändern. Weder die SPD noch die Grünen, wollen das Rad wieder zurückdrehen, um den Republikanern an den Karren zu fahren. „Wir werden nicht die demokratischen Rechte der kleinen Parteien beschneiden, die wir eben erst erkämpft haben“, gibt der Harburger GAL-Geschäftsführer Dirk Mecklenburg zu Protokoll.

Ganz anders ist die Situation im Bezirk Hamburg-Mitte, wo zukünftig drei Republikaner in der Bezirksversammlung vertreten sind. Laut Geschäftsordnung muß eine Fraktion aus mindestens vier Abgeordneten bestehen. Doch ausgerechnet GAL-Fraktionschef Volker Nienstedt will das Regelwerk jetzt ändern, den Rechten den Weg an die Tröge erleichtern.

Zwar halten viele Grüne diesen Vorstoß für eine „politische Instinktlosigkeit, mit der ein völlig falsches Signal gesetzt wird“, doch genießt Nienstedt Rückendeckung aus dem höchsten Parteigremium. Landesvorstandsmitglied Rainer Neumann: „Alle Abgeordneten müssen in den Stand gesetzt werden, mit allen Rechten am Parlamentsbetrieb teilzunehmen“. Die SPD und die CDU sehen das anders. Für eine Rep-freundliche Änderung der Geschäftsordnung, versichert man einträchtig, bestehe „überhaupt kein Bedarf“.

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