: „Ab nach Hause“ – Rühe auf der Flucht
■ Bundeswehr soll schnell weg aus Somalia
Bonn (taz/AP) – In Bonn kracht es erneut zwischen Klaus Kinkel und Volker Rühe. Anlaß für die Mißstimmung sind wieder Rühes Bestrebungen, die Bundeswehr jetzt möglichst schnell, eventuell noch bis Ende des Jahres, aus Somalia abzuziehen.
Der Grund sind die Rückzugspläne der US-Armee, die bis jetzt den Verbindungsweg zwischen Mogadischu und dem Bundeswehreinsatzort Belet Huen sichert, jedoch schon bald diese Aufgabe nicht mehr wahrnehmen wird. Schon jetzt soll nicht mehr genügend Nachschub an Wasser und Benzin in Belet Huen ankommen. Über die Welt ließ Rühe verbreiten, wenn man jetzt das schwere Gerät der Bundeswehr nicht unter amerikanischem Schutz in Mogadischu verschiffen würde, wäre man später gezwungen, das teure Zeug einfach in der Wüste zurückzulassen. Kinkel erregte sich dagegen, man dürfe Somalia jetzt nicht im „Hauruck“-Verfahren verlassen. Im Anschluß an eine FDP-Präsidiumssitzung betonte er, er sehe zwar die Nachschubprobleme der Bundeswehr. Er habe UNO-Generalsekretär Butros Ghali auch mehrfach mitgeteilt, daß der Abzug der Amerikaner aus Somalia und der Abzug anderer „für uns wahrscheinlich nicht ohne Konsequenzen sein wird“. „Ich sehe aber eben auf der anderen Seite auch, daß immer noch 30 andere Länder dort im Einsatz sind.“ Ihm gehe es um ein „ruhiges, gelassenes, abgesprochenes Verfahren“, betonte Kinkel. Das liege im Interesse Deutschlands, seines Ansehens und des Vertrauens, das ihm in der UNO entgegengebracht werde. Nach Auffassung Kinkels ist es für einen deutschen Sitz im Sicherheitsrat der UN notwendig, den Abzug aus Afrika in enger Abstimmung mit Butros Ghali abzuwickeln.
Deshalb ließ Kinkel gestern Regierungssprecher Norbert Schäfer sowie die Sprecher des Auswärtigen Amtes und des Verteidigungsministeriums, Michael Gerdts und Hans-Dieter Wichter, versichern, man werde den Rückzug mit der UNO abstimmen. Zugleich bestätigten sie, daß der Auftrag der rund 1.700 deutschen Soldaten in Somalia gefährdet sei, wenn die USA ihre Versorgungstruppen im Rahmen des Unosom-Auftrages zur Jahreswende abziehen sollten.
Schäfer sagte, der Bericht von UNO- Generalsekretär Butros Ghali über die neue Somalia-Planung sei zwar bis zum 18. November angekündigt, werde aber erst binnen der nächsten 14 Tage erwartet. Das Bundeskabinett werde deshalb frühestens am 23. November entscheiden können.
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