Grüner Staatsrat unter Filzverdacht

■ Müllgutachten an Planungsbüro, für das Lahl Geschäftsführervertrag hatte / „Amtschef bleiben“

Schwere Vorwürfe gegen den grünen Umweltstaatsrat Uwe Lahl: Das Umweltressort hat unter seiner Regie die Planungen für die Nachfolge der Müllverbrennungsanlage an zwei Ingenieurbüros vergeben, von denen eines exzellente Verbindungen zu Lahl hatte. Nicht nur Lahls Ehefrau ist bei einer Tochtergesellschaft des Büros beschäftigt, Lahl selbst hatte schon einen Vertrag für die Geschäftsführung der Firma in der Hand, als er Ende 1991 vom designierten Umweltsenator Ralf Fücks angesprochen wurde, das Amt des Staatsrats zu übernehmen. Lahl steht nun im Kreuzfeuer der Kritik, weil er die Verbindungen zu dem Büro zu keiner Zeit offengelegt und sich nicht aus dem Ausschreibungsverfahren für die Gutachten wegen Befangenheit zurückgezogen hatte. Und noch mehr: Bei den Verträgen über die Begutachtung der Restabfallbehandlungsanlage RABA ging es nicht allein um Vorgutachten im Wert von knapp 300.000 Mark, in den Vereinbarungen steht eine Klausel, in der für beide beauftragten Ingenieurbüros eine Option auf die weiteren Gutachten und Planungen für die RABA eingeräumt wird. Dabei geht es um Millionen. Erst eine Nachfrage der CDU in der Umweltdeputation führte dazu, daß die weiteren Gutachten doch noch ausgeschrieben wurden. Lahl selbst räumt persönliche Fehler bei der Auftragsvergabe ein: „Es wäre politisch klüger gewesen, sich herauszuhalten.“ Aber schließlich sei es bei der Entscheidung um eine Weichenstellung in der Müllpolitik gegangen, da habe er sich als Staatsrat nicht zurückziehen können. Deshalb gibt es für ihn auch keinen Grund für persönliche Konsequenzen: „Ich bin Amtschef und ich habe vor, Amtschef zu bleiben.“

Vor gut zwei Jahren hatte es eine Ausschreibung über die Gutachten zur RABA gegeben, an der sich ein gutes Dutzend Ingenieubüros aus dem norddeutschen Raum beteiligt hatten. Die Bremer Entsorgungsbetriebe und das Umweltressort bildeten eine Auswahlgruppe, am Ende standen zwei Büros, die den Auftrag bekommen sollten: Die Hamburger Ingenieurgemeinschaft technischer Umweltschutz (ITU) und das Büro Born und Ärmel. Während des gesamten Auswahlverfahrens saß einer mit am Tisch, der zu einer der beiden Firmen eine ganz besondere Verbindung hatte: Staatsrat Uwe Lahl hatte schon einen Geschäftsführervertrag bei der ITU in der Tasche, als er nach den Koalitionsvereinbarungen für das Amt in Bremen angesprochen wurde. Das hatte er nach seiner Amtsübernehme in einem taz-Interview freimütig erklärt. Doch das blieb allen Beteiligten genauso verborgen wie die Anstellung von Lahls Ehefrau bei einer ITU-Tochter, die allerdings nichts direkt mit der RABA-Begutachtung zu tun hatte. So sickerte erst jetzt und langsam durch, was Lahl verschwiegen hatte. Noch gestern nachmittag hatten sowohl die Grünen als auch Lahls Chef Umweltsenator Ralf Fücks geschworen, Lahl habe zwar einen Vertrag gehabt, „aber nicht bei der ITU“ (Fücks).

Lahl hat nicht allein seinen Senator gegen die Wand laufen lassen, noch schwerer wiegt das Lahlsche Schweigen während des Verfahrens, wenn man sich den Vertrag mit den beiden Büros genauer ansieht. Da nämlich steht ein Passus, der ausdrücklich Optionen auf weitere Millionenaufträge im Zusammenhang mit der RABA festschreibt. Diese Optionen waren Verhandlungsmasse mit den Bewerbern im Sinne von: Das erste Gutachten wird nur billiger, wenn Ihr uns weitere Aufträge in Aussicht stellt. In der Sitzung der Umweltdeputation im Februar diesen Jahres fragte dann Günter Niederbremer von der CDU, ob denn klar sei, daß die dicken Nachfolgeaufträge an die gleichen Firmen gehen sollten. Das, so Niederbremer, habe ihm der Senator damals bestätigt und angefügt: „Oder haben Sie Hinweise darauf, daß wir lieber nicht so verfahren sollten?“ Niederbremers Schlußfolgerung: An eine Neuausschreibung war also nicht gedacht. Nur weil Lahl erst in diesem Jahr und ressortintern mit der Geschäftsverbindung seiner Frau herausgekommen sei, habe sich der Umweltsenator zur Neuausschreibung entschlossen. Und Lahl hat in einem Aktenvermerk niedergelegt, daß er sich aus dem weiteren Verfahren heraushält. „Lahl ist untragbar“, folgert Niederbremer für die CDU.

Lahl betonte gestern auf Nachfrage, weder seine Frau noch er selbst hätten Vorteile von dem Auftrag gehabt. Für Konsequenzen gebe es „keinen Anlaß“. Keinen Anlaß auch, sich den Fragen der Buten&Binnen-Redaktion zu stellen. Trotz einer zuerst gegebenen Zusage ins Studio zu kommen – Der Gästestuhl blieb leer.

Jochen Grabler