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Umland-Stopp auch für Kindergärten?

■ Alternativer Wohlfahrtsverband meldet vier Fälle von abgelehnten Kindern

Weitet sich der Schulstreit zwischen Hamburg und Kiel jetzt auch auf die Kindergärten aus? „Stopp für Umland-Kinder in Hamburger Kitas“, meldete gestern der Alternative Wohlfahrtsverband „Sozial und Alternativ“, kurz „Soal“.

In vier Fällen gelang es Eltern aus Buxtehude, Pinneberg und Großhansdorf nicht mehr, ihre Kinder in Hamburger Kindergärten unterzubringen, sagte Soal-Sprecher Claus Reichelt zur taz. Da es sich überwiegend um alleinerziehende Mütter handelt, die ihren Arbeitsplatz in Hamburg haben und darauf angewiesen sind, ihre Kinder in der Nähe betreuen zu lassen, werde wieder einmal das „Selbstbestimmungsrecht der Frauen diskriminiert“.

Reichelt schätzt, daß noch weit mehr Eltern betroffen sind. Bei den bekanntgewordenen Fällen handele es sich überwiegend um die abgelehnte Verlängerung von Bewilligungsbescheiden für Kinder, die bereits in den Einrichtungen untergebracht sind und sie nun verlassen müssen. Zum Teil aber auch um Erstanträge, wie bei der Großhansdorfer Mutter Sabine M., die in einem Bramfelder Kindergarten arbeitet. Deren ältere Tochter war ohne Probleme in Hamburg untergekommen. Bei ihrer jüngeren Tochter Nele sperren sich nun Hamburger wie Schleswig-Holsteiner Behörden.

Ihm seien „gesetzlich die Hände gebunden“, sagt beispielsweise der Großhansdorfer Bürgermeister Uwe Petersen. Ausgleichszahlungen könnten nach dem schleswig-holsteinischen Kindertagesstättengesetz nur innerhalb des Bundeslandes erfolgen. Petersen: „Ausgleichszahlungen mit Hamburg müßten im Rahmen eines Staatsvertrages geregelt werden“. Wenn sich Henning Voscherau und Heide Simonis demnächst zum Tee treffen, sollten sie auch über dieses Thema reden.

Im Kieler Sozialministerium indes ist das Problem nicht bekannt. Insgesamt, so schätzt Sprecherin Marion Schwarz, sind nur rund 200 Kinder aus den Umlandgemeinden in Hamburger Kitas untergebracht. Für deren Finanzierung sei Hamburg zuständig.

Im Hamburger Amt für Jugend existiert in der Tat seit Anfang der 80er Jahre eine Fachliche Weisung, die besagt, daß Kinder aus Nachbargemeinden aufgenommen werden können, „wenn hierdurch kein hamburgisches Kind benachteiligt wird“. In der Vergangenheit sei diese Regel „ein bißchen sehr großzügig“ angewandt worden, sagte der stellvertretende Jugendamtsleiter Jürgen Näther zur taz. Es gebe nunmehr Anzeichen dafür, daß die Sozialen Dienste seit einiger Zeit „regel- und sachgerecht verfahren“. Näther: „Es kann im Einzelfall passieren, daß Kinder die Tagesheime verlassen müssen.“ Dies sei aber keine „frauenpolitische Kontroverse“, wie von „Soal“ unterstellt; es gehe vielmehr schlicht um die Frage, wer die wenigen Plätze bekommt.

Kaija Kutter

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