: Unterm Strich
Am Montag dieser Woche war bekannt geworden, daß das Berliner Landgericht den Berliner Verlag Volk und Welt zu einer Zahlung von rund 200.000 DM an den Frankfurter Suhrkamp Verlag wegen der sogenannten Plusauflagen verurteilt hatte. Es ging dabei um die Praxis von DDR-Verlagen, höhere Auflagen von westlichen Autoren zu drucken als sie mit dem lizenzgebenden Verlag vereinbart wurden. Verlagsgeschäftsführer Dietrich Simon sagte dazu, er habe immer die Meinung vertreten, daß mit der Praxis der DDR-Verlage Unrecht geschehen sei. Allerdings halte er einen vernünftigen Vergleich in dieser Angelegenheit für sinnvoll.
Nun bahnt sich offenbar nach neuesten Meldungen aus dem Berliner Landgericht, vor dem noch weitere West-Verlage um ihr Geld streiten, der Kompromiß an, daß die Schadensersatzansprüche halbiert werden. Ostdeutsche Verlage müßten dann wegen des in der DDR über Jahre praktizierten Lizenzbetrugs nur noch die Hälfte der eingeforderten Gelder an die West-Verlage zurückzahlen. Dieser Standpunkt wurde am Donnerstag vor dem Berliner Landgericht in einer Verhandlung der Rowohlt Verlages gegen den Ostberliner Aufbau-Verlag vertreten. Wie der Vorsitzende Richter vor der 93. Kammer für Handelssachen, Hans Joachim Tosberg, meinte, handle es sich bei den „Plusauflagen“ um eine „Altschuld“ aus der DDR, deren Abschreibung im Verhältnis 2:1 erfolgen sollte. Bedenkenswert sei auch, daß die Zahlungsansprüche bisher ausschließlich „auf Normen des Rechts der alten Bundesrepublik beruhen“. Es sei empfehlenswert, auch „Normen der früheren DDR“ zu prüfen. In der seit fast einem Jahr anhängigen Klage von Rowohlt gegen das einst größte DDR-Verlagshaus, dessen neuer Eigner der Frankfurter Bernd Lunkewitz ist, geht es um Forderungen von 614.000 Mark für widerrechtlich gedruckte Bücher. Wie in der Verhandlung ausdrücklich betont wurde, sehe das Gericht keine Gründe, eine Rechtsnachfolge des Aufbau-Verlags in Frage zu stellen.
Geschäftsführer Dietrich Simon vom Verlag Volk und Welt sagte am Donnerstag, er rechne damit, daß die Treuhandanstalt, der das „Faktum Plusauflagen“ bekannt gewesen sei, für die Schulden einspringe. Die Treuhand wollte sich freilich dazu nicht konkret äußern.
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