: Bildungslücke HipHop
■ Graffitis in der Landesbildstelle – leider nur als Fotoreihe
Graffiti-Kunst aus Bremen ist derzeit in der Landesbildstelle zu sehen – natürlich nur in Form photographischer Abbildungen. Und man fragt sich: Wozu Photos von Bildern in einem Treppenhaus ausstellen, wo doch die Künstler selbst ihre Werke großformatig, unübersehbar und sogar mobil im öffentlichen Raum verewigen? So sind dann auch die ausgestellten Photos, viele im 9x13-Format und Photo-Dose-Qualität – wenig eindrucksvoll. Der typische Graffiti-Charakter mit seinen grellen Farben, der Eindruck von Dreidimensionalität, die Dynamik der Schriftzüge und eben ihre Größe: All das bleibt bei dieser Art der Präsentation auf der Strecke.
Die mehr als 40 Photos zeigen Arbeiten von 7 Bremer „writern“, die natürlich anonym bleiben und auch über ihre Motivationen, Intentionen und Arbeitsbedingungen gibt die Ausstellung wenig Aufschluß. Aber das will sie ja auch gar nicht. Eigentlich sind die Photos ein Hinweis auf die dazugehörige Dia-Reihe, und die wiederrum sollen sich die Bremer Lehrer – von denen die Landesbildstelle hauptsächlich frequentiert wird – ausleihen und im Unterricht diskutieren.
Das jedenfalls wünschen sich die Initiatoren der Dokumentation, H. Brandt, Kunstlehrer an der Erwachsenenschule und pädagogischer Mitarbeiter der Landesbildstelle, und ihr Leiter, H. Geisler. Beide verfolgen die Bremer Graffiti-Szene schon seit 1980 aufmerksam und aus Erfahrung wissen sie, daß die Hip-Hop-Kultur der Kids von ihren Lehrern immer noch weitgehend ignoriert wird.
Aber die Graffiti-Kunst könne seit ihrem Aufkommen in den 70er Jahren auch Erfolge in Sachen gesellschaftlicher Anerkennung verzeichnen. Die Bundesbahn und die BSAG haben jedenfalls schon dazugelernt und anstelle die kunstvollen „tags“ und „pieces“ aufwendig und kostenschwer immer wieder zu entfernen oder soger Strafen bis zu DM 90.000 zu verhängen, sind sie dazu übergegangen, schon mal einen Wagen als Auftragsarbeit verschönern zu lassen oder Betonwände an Haltestellen zur Verfügung zu stellen (zu bewundern an der Linie 6 Richtung Huchting und demnächst auch an der Linie 1 Richtung Arsten). Sprayer, die von ihren Aufträgen leben könnten, sind Herrn Geisler aber nicht bekannt, allerdings habe sich aufgrund der Ausstellung schon ein neuer Kunde gefunden. Tanya Blümke
Die Ausstellung, die einen kleinen Überblick über die verschiedenen Arten von Pieces an Wänden und Zügen gibt, kann man noch bis zum 9.9., montags bis donnerstags von 9 bis 16 Uhr und freitags bis 14 Uhr in der Landesbildstelle, Uhlandstr. 53 sehen.
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