piwik no script img

Schwuler Segen

■ Niedersächsische Landeskirche auf Distanz

Erstmals in Niedersachsen hat am Wochenende in Laatzen (Kreis Hannover) ein schwules Paar den kirchlichen Segen erhalten. Erteilt wurde er in einem „Partnerschaftsgottesdienst“ der „Ökumenischen Gemenschaft Homosexuelle und Kirche“ (HuK) vom früheren Gemeindepastor Hans-Jürgen Meyer. Meyer war vor zehn Jahren von seinem Dienst als Pastor beurlaubt worden, nachdem er sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt hatte. 1990 wurde er in einem „Amtszuchtverfahren“ für fünf Jahre in den Wartestand versetzt.

Während Segnungen für schwule und lesbische Paare in Ländern wie Holland schon seit Jahren durchgeführt werden, sind sie in der Bundesrepublik bislang nur in einer Hamburger Gemeinde in der Kirchenordnung verankert. „Wir brauchen keine Kirchenordnung, um einen solchen Gottesdienst durchzuführen“, sagte Hans-Jürgen Meyer zur taz. Entscheidend sei, was Gott gesagt habe: „Es ist nicht gut, daß der Mensch einsam ist; ich will ihm einen Gefährten geben, der zu ihm paßt.“ Dieser Satz gelte für alle Menschen, einen theologischen Grund, Schwulen, die sich lieben, Gottes Segen zu verweigern, gebe es folglich nicht. „Wir sind am Tische Jesu ohne Vorbedingungen willkommen. Wir können kommen, wie wir sind“, so Meyer, über dessen Wiedereinstellung die Kirche im nächsten Jahr entscheidet.

Unterstützt wird Meyer vom Kirchenvorstand und dem Pastor der Laatzener Thomasgemeinde, in deren Gemeindezentrum der „Partnerschaftsgottesdienst“ stattfand. Gerade für Homosexuelle sei Gottes Beistand wichtig, da sie in der Gesellschaft oft auf sich alleine gestellt seien, unterstreicht Pastor Michael Budny.

Das evangelische Landesamt hat sich unterdessen von der Segnung distanziert. Die Kirchenleitung habe die „trauungsähnliche Handlung“ mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, sagte ein Kirchensprecher. „Kirchenähnliche Segenshandlungen an Homophilen kennt die Landeskirche nicht“, heißt es in der Erklärung weiter. Meyers „Partnerschaftsgottesdienst“ sei eine Provokation. Bis zum 9. September soll der schwule Pastor einen Bericht „zur Klärung des Sachverhalts“ abgeben.

Provokation sei nicht ihr Ziel, betonten hingegen Richard und Bernhard (Namen geändert), denen von Meyer Gottes Segen zugesprochen worden war. „Wir wollen das wirklich“, unterstreichen beide ihre Haltung. In der Partnerschaftssegnung sehen sie „eine Stärkung ihrer Beziehung“.

In den Kirchengemeinden im Landkreis Hannover ist die Erklärung der Landeskirche auf Kritik gestoßen. Wer einzelnen Menschen Gottes Segen verweigere, grenze sie aus, erklärten mehrere Pastoren auf Anfrage. Sie erinnerten an einen Beschluß der Landessynode vor vier Jahren. Das Kirchenparlament hatte darin gefordert, daß sich die Gemeinden gegenüber Homosexuellen öffnen.

Den Hauptschuldigen sehen viele Pastoren in Landesbischof Horst Hirschler, der sich als vermeintlicher Hüter kirchlicher Moral aufspiele, so Heiner Gerst, Pastor in der Wilkenburger St.-Vitus-Gemeinde. Danyel Reiche

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen