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Wortbruch zu Weihnachten

■ Nur der Autofahrer ist ein guter Kunde: City-Einzelhändler wünschen sich zum Gabenfest ein autofreundliches Parkleitsystem Von Marco Carini

Heller die Kassen nie klingeln. Doch ganz unfestlich tobt rechtzeitig zum Beginn des Weihnachtsgeschäftes der Streit zwischen City-Einzelhandel und Hamburger Senat. Die Streit-Frage: Wie bringen wir die KundInnen zur Ware? Mit Bahn und Bus, sagen die Stadt und ihre Verkehrsbetriebe. Der Einzelhandel hingegen setzt aufs Auto: Denn wer mit seinem eigenen Benzingefährt die Innenstadt verstopft, so haben die Einzelhändler errechnet, lädt mehr Waren ein als der Kunde mit dem HVV-Ticket.

Gut 160 Mark läßt der durchschnittliche Autofahrer in der City, während der ÖPNV-Benutzer im Schnitt pro Innenstadt-Bummel nur mickrige 105 Mark ausgibt. Weil dem so ist, holte Jürgen Langer, Sprecher der „Interessengemeinschaft Hamburger City“, gestern die Rute raus und prügelte auf Hamburgs Regierende ein.

Ein modernes elektronisches Parkleitsystem zum Preis von 4,5 Millionen Mark, das die Zahl der freien Plätze in 19 Innenstadtparkhäusern anzeigt, habe auf dem Wunschzettel der City-Kaufleute gestanden und sei vom Senat auch versprochen worden. Nun aber falle die schon für das vorige Jahr geplante Bescherung diesmal erneut aus. „Wortbruch, absolut inakzeptabel, vom Senat verschaukelt“, schäumt Jürgen Langer. Die Weihnachtsmänner aus der Senatsriege: Allesamt Versager.

Das Parkleitsystem sei nur ein Bestandteil der geplanten Ausweitung der Fußgängerzonen im Innenstadtbereich gewesen, rückt Baubehörden-Sprecher Jürgen Asmussen die Verhältnisse gerade. Doch dieses Konzept, dessen verkehrsberuhigende Teile der City-Einzelhandel immer bekämpft hat, mußte im vergangenen Jahr, so Asmussen, „mangels Kasse ausgesetzt werden“.

Schwerwiegende Nachteile der City-Kaufhäuser gegenüber den autofreundlichen Einkaufszentren in den Randgebieten mag Asmussen nicht erkennen. Schließlich sei die Hamburger Innenstadt ein „höchst attraktives Einkaufsgebiet, das „bequem mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen“ sei. Mehr Autos in die Innenstadt? Asmussen: „Wir können ja nicht die Stadt abreißen, um hier eine Autobahn und großflächige Parkplatz-areale zu bauen“.

Die CDU hingegen sieht das anders: Sie fordert, durch den konsequenten Verzicht auf den Fußgängerzonen-Ausbau in der City zumindest das Parkleitsystem zu retten, damit die KäuferInnen aus dem Umland auch weiterhin weite Wege mit dem privaten PKW auf sich nehmen, um unbedingt in der Hamburger City die Geschenke für den Gabentisch zu erstehen. Stille Nacht für die InnenstadtbewohnerInnen? Nicht, wenn die Kassen laut klingeln sollen.

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