: Wer hat die Moral gepachtet?
■ betr.: „Durch Zuschauen zum Tä ter geworden“, „Das ist ganz billiger Antikommunismus“, taz vom 13. 11. 95
[...] Professor Wesel ist zuzustimmen, daß es platter Antikommunismus ist, der es einem konservativen Richter ermöglicht, im Sinne des „Kalten Krieges“ zu richten. Moralisch ist die Sache zu verurteilen, die Frage ist nur, wer hat die Moral gepachtet?
Überall im schönen Mecklenburg und Brandenburg stehen an Bundeswehrgelände – nach der Wende hatten die Bürger zum Beispiel in Wittstock gehofft, dort endlich wieder friedlich spazieren gehen zu können – Schilder die etwa besagen: „Betreten verboten. Achtung! Schußwaffengebrauch.“ Wer ist für diesen Schießbefehl verantwortlich? Solange nicht alle Schießbefehlshaber zur Verantwortung gezogen werden, die es zulassen, daß Menschen in ihrem eigenen Lande erschossen werden (dürfen), weil sie bestimmte Gebiete betreten, kann moralisch nicht über andere richten, die es nicht verhinderten, daß auf Menschen geschossen wurde, die Sperrgebiete zwischen zwei sich feindlich gegenüberstehenden hochgerüsteten Militärblöcken (nach DDR-Gesetzen) widerrechtlich betreten haben, wenn heute – nach Beendigung des Kalten Krieges – im eigenen Lande geschossen werden darf. Gerhard Rosenberg, Berlin
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