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Staatsschutz verhängt Demoverbot

■ Aus Sorge um die „Würde“ des Rekrutengelöbnisses ordnet der Staatsschutz eine Bannmeile um das Schloß Charlottenburg an. Demobündnis zeigt sich dennoch unbeirrt. BVG will keine Demoplakate

Wenn die Bundeswehr am Freitag vor dem Schloß Charlottenburg erstmals ihre Rekruten in Berlin öffentlich vereidigt, sollen die Kritiker des Militärspektakels kein Gehör finden. Aus diesem Grund hat der polizeiliche Staatsschutz nun die geplante Route der Demonstration gegen die Vereidigung verboten. Unter Hinweis auf den Demoaufruf („Gelöbnis verhindern“ – „Ja, stören“) sorgt sich der Staatsschutz nicht nur um den reibungslosen Ablauf der Gelöbnisfeier, sondern auch um die „Belange der Bundesrepublik Deutschland“. In der Begründung des faktischen Demoverbots heißt es: „Akustische Störungen jeder Art verletzen den Kern und Wesensbereich der Gelöbnisfeier unmittelbar und derart nachdrücklich, daß dies der Würde des Anlasses nicht gerecht wird.“ Außerdem nähmen an der Feier „Persönlichkeiten aus der Politik“ teil, „von denen ein nicht unerheblicher Teil Personenschutz hat, weil er durch terroristische Gewalttäter in hohem Maß als gefährdet gilt“.

Ursprünglich hatte das „Bündnis Gelöbnis verhindern“, dem neben der Kampagne gegen Wehrpflicht auch PDS, Bündnisgrüne sowie zahlreiche Initiativen und Organisationen angehören, vorgesehen, am Freitag um 13 Uhr vom Richard-Wagner-Platz in Richtung Schloß Charlottenburg zu ziehen, um „in unmittelbarer Nähe“ des Gelöbnisses zu demonstrieren. Zwar hat die Kampagne gegen Wehrpflicht gestern angekündigt, gegen die Staatsschutzverfügung vor Gericht zu ziehen. Trotzdem wollen die Antimilitaristen nun nicht mehr allein auf eine Demonstration setzen: „Die erste Option heißt für uns, vor Ort zu stören“, sagt Kampagnensprecher Christian Herz. Herz fordert deshalb alle potentiellen Störer dazu auf, „sich unauffällig zu kleiden und innerhalb der Bannmeile zu versuchen, sich durchzusetzen“. Gleichzeitig soll mit einer möglichst großen Demonstration außerhalb der Bannmeile versucht werden, die Bandbreite des Protests gegen das Gelöbnis zu unterstreichen.

Unterdessen hat sich auch die BVG die Argumente des Staatsschutzes zu eigen gemacht. Wie der Landesgeschäftsführer der Bündnisgrünen, Michael Wartenberg, gestern mitteilte, habe die BVG die Plakatierung von Demoaufrufen der Partei untersagt. Als Grund wurde laut Wartenberg von der BVG-eigenen Werbefirma VVR-Berek die aufgeheizte Stimmung im Vorfeld des Gelöbnisses vorgebracht. Außerdem könne es BVG-Benutzern nicht zugemutet werden, mit den Aktionen gegen das Gelöbnis konfrontiert zu werden. Schriftlich wollte die VVR- Berek diese Begründung allerdings nicht mitteilen. Uwe Rada

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