Rekordflug mit Ballon

■ Noch ein Spinner bei "Frontal"? Das ZDF-Magazin soll laut "Berliner Zeitung" zwei manipulierte Beiträge des ZDF-Reporters Friedrich Kurz ausgestrahlt haben

Wieder einmal steht ein Fernsehmagazin unter Verdacht, getürkte Bilder gesendet zu haben – doch diesmal sind es nicht die Born-Fans von „stern TV“ oder der MDR-Durchlauferhitzer „Brisant“, sondern ausgerechnet Hauser und Kienzle von „Frontal“, auf die das ZDF doch so stolz ist.

Zwei Fälschungen wirft die Berliner Zeitung „Frontal“ vor: So soll am 18. Mai 1993 ein manipulierter Beitrag des ZDF-Reporters Friedrich Kurz über eine bosnische Elite-Einheit gelaufen sein, in dem zwar von Flakgranaten die Rede war, aber lediglich Übungsmunition explodiert sein soll. Als Beweis zitiert die Berliner Zeitung ausführlich einen Bundeswehr- Hauptmann, der angesichts des Beitrags sofort wußte, daß „etwas faul“ ist: „Wenn da die Flak hämmert, liegen die Soldaten auf dem Arsch.“ Andere Bilder hätten Soldaten gezeigt, die „wie im Western stehend aus der Hüfte in der Gegend herumballerten.“

Zwei Jahre später soll der „Frontal“-Reporter wieder geschummelt haben: In einem Rührstück über einen Luftballon, der angeblich von Hannover direkt in bosnische Kinderhände flog. Die Nachrecherche in Bihać habe allerdings ergeben, daß dort niemand von dem „kleinen Wunder“ gehört hatte, schreibt der Autor der Berliner Zeitung, dessen weitere Indiziensuche geradezu satirische Züge trägt. So zitiert er den Betriebsleiter eines großen deutschen Luftballonherstellers („jahrelange Erfahrung mit Ballon- Weitflugwettbewerben“) mit den Worten: „Bei günstigen Voraussetzungen fliegt ein Luftballon maximal 1.000 km. Weiter nicht.“

Ein zweiter Born läßt sich halt nicht so recht herschreiben, eher schon zeichnet der Bericht über den Reporter Friedrich Kurz das Bild eines ausgemachten Spinners, der bereits 1989 mit einem Bus voller DDR-Flüchtlinge über die österreichisch-ungarische Grenze gurkte oder vom Chefredakteur Nachtsichtgeräte forderte, um mit einem Paraglider ins belagerte Bihać einzuschweben.

Bei „Frontal“ gibt man sich unterdessen beleidigt. Die Ballongeschichte basiere auf einer Meldung in einer bosnischen Zeitung, der Vorwurf der Berliner Zeitung, daß es sich um eine erfundene Geschichte handele, sei also „nachweislich falsch“. In der SZ kündigte Bodo Hauser an, man werde nun „volles Rohr“ zurückschießen: „Das ist Rufmord, der wird dem Reporter sehr teuer zu stehen kommen.“ Gestern abend wollte „Frontal“ zwecks Entlastung weiteres Rohmaterial zeigen.

Trotz Hausers starker Worte bleibt der Fall ein Armutszeugnis für das „Frontal“-Team, das mit Kurz einen Reporter beschäftigte, der selbst der Bild-Zeitung zu unseriös war, und von dem der Berliner Büroleiter des Bayrischen Rundfunks sagt, er betreibe einen Journalismus, „der sich mit Worten nicht beschreiben“ lasse. Und am 15. Januar 1995 stellte sogar das Oberlandesgericht Wien offiziell fest, daß Kurz ein Fernseh-Fälscher ist. Für „einen reißerischen Bericht“ habe er eine Scheinflucht über die österreichisch-ungarische Grenze arrangiert. Kurz selbst glaubt, daß es sich bei dem Artikel in der Berliner Zeitung um eine Racheaktion von Gruner + Jahr handelt, um das konzerneigene Fernseh-Format „stern TV“ zu rehabilitieren. Schließlich habe der Autor selbst längere Zeit für die Jauch-Sendung gearbeitet.

Tatsächlich trägt auch die Geschichte des Aufdeckungsartikels durchaus komische Züge: So hatte der Autor zunächst im Auftrag des Stern recherchiert, dem die ganze Affäre angesichts des Born-Prozesses wohl doch zu marginal vorkam. Anschließend recherchierte er für die Berliner Zeitung und Amica, wo die Geschichte am Donnerstag erscheint. Dort wiederum ist man nun sauer auf die Berliner Zeitung, da der Hinweis auf die Kooperation fehle. Kein „Amica presents“ also.

Schade, denn dort ist der Artikel noch um ein schönes Zitat des Reporter-Rauhbeins Friedhelm Brebeck reicher. Der hatte den „Frontal“-Kollegen Kurz einst als „psychopatisches Dreckschwein“ bezeichnet. Oliver Gehrs