■ Die Anderen: „Le Figaro“ meint angesichts der Unruhen in mehreren französischen Vorstädten, daß sich Frankreich an den USA ein Vorbild nehmen könnte / „Liberation“ schreibt zum selben Thema / Zu Neonazis in der Bundeswehr schreibt die „Algemeen Dagblad“ aus Rotterdam
„Le Figaro“ meint angesichts der Unruhen in mehreren französischen Vorstädten, daß sich Frankreich an den USA ein Vorbild nehmen könnte: Am meisten beunruhigt das Entstehen eines nächtlichen Kleinkriegs in den Vorstädten – zuerst gegen die Busse, dann gegen die Geschäfte und gegen die Autos und schließlich gegen die Sicherheitskräfte, mit Steinen, Molotowcocktails und Waffen. Es gibt keinen Grund zum Jammern, weil angeblich alles schon versucht wurde. Die Zurückeroberung von Harlem (unter anderem) durch die Stadt New York ist ein Beispiel, das sich jeder zu Herzen nehmen könnte. Voraussetzung ist, daß die Polizei überall präsent ist und auch das kleinste Vergehen bestraft. Mit Maß, aber ohne etwas durchgehen zu lassen. New York ist dabei, wieder eine Stadt zu werden, in der man sich nachts wieder auf die Straße wagen kann. Sind wir unfähig, so etwas zustande zu bringen?
„Libération“ schreibt zum selben Thema: Die schweren Ausschreitungen von Dammarie-le-Lys und Lyon sind nicht die ersten dieser Art. Man darf ihre Zahl nicht übertreiben und auch ihren Ablauf nicht verwechseln. Wichtiger als die Statistik ist das soziale Symptom, das jedesmal gleich beschrieben werden kann: verschiedene Formen der Kleinkriminalität, schlecht ausgebildete oder schlecht beratene Polizisten und Stadtviertel, die solchen Ausschreitungen einen Nährboden bieten. Das Schlimmste wäre, wenn die Staatsmacht am Ende machtlos wirkte. Das ist mit Sicherheit die Herausforderung für die Regierungen der heutigen Zeit. Von ihnen werden in solch schwierigen Aufgabenfeldern wie der Beschäftigungspolitik und der inneren Sicherheit schnelle Ergebnisse verlangt, die aber außerhalb ihrer Reichweite liegen.
Zu Neonazis in der Bundeswehr schreibt die „Algemeen Dagblad“ aus Rotterdam: Die deutsche Armee ist erneut Schauplatz einer Serie peinlicher rechtsextremistischer Vorfälle. Besonders peinlich für Minister Rühe ist, daß sein Parteifreund Rossmanith, Vorsitzender der parlamentarischen Untersuchungskommission, selbst wegen ultrarechter Ansichten unter Beschuß liegt. Rossmanith scheint Rühe per Brief gebeten zu haben, den Namen einer Kaserne, die nach dem hohen Nazi Dietl benannt ist, nicht zu ändern. Die jüngsten Enthüllungen sind ein neuer Rückschlag für Rühe, der immer wieder sagt, daß es um Einzelfälle geht, was nur schwer mit der Zahl der Vorfälle in Einklang zu bringen ist. Eine Studie, die Rühe geheimhält, zeigt, daß sechs Prozent der Offiziere so rechts sind, daß sie nicht in die Armee gehören. Die rechten Vorfälle in der Armee sind genauer betrachtet ein gesellschaftliches Problem. Wer etwas gegen die Auswüchse in der Bundeswehr tun will, muß den Extremismus in Deutschland bekämpfen.
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