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Unterm Strich

Eine letzte Träne weggequetscht. Mit einem Doppelheft zum Thema Sittenlockerung ist soeben das letzte Heft der Zeitschrift „Der Alltag“ erschienen. Noch einmal gehen Michael Rutschky und seine Autorenfamilie den „Sensationen des Gewöhnlichen“ nach. Das zunächst in Zürich, später in Berlin erschienene Magazin erkundet den Vorteil der Verlotterung der Sitten in Gesellschaft, Politik und Sport. Mit seiner Eleganz, dem fremden Blick auf Vertrautes und dem Hang zur soziologischen Feinmalerei war Der Alltag über viele Jahre schulbildend. Daß das liebevoll produzierte Heft nun nicht mehr sein soll, hat nicht nur die üblichen ökonomischen Gründe, sondern ist letztlich auch der Konsequenz seines Erfolges geschuldet. Der Sound des Alltag erklingt heute beinahe aus jedem Feuilleton. Rutschky hatte deshalb schon vor einiger Zeit zur besseren Orientierung versuchsweise über ein Projekt namens „Das Schema“ nachgedacht. Im Editorial zum letzten Heft wird denn auch nicht lange gejammert. „Die Zeitschriftenlibido“, schreibt Rutschky, „ist eine drängende wie die menschliche Libido allgemein, die ununterdrückbar ihre Ziele verfolgt. So werde ich gewiß noch erleben, daß eine gegründet wird, die sich mit dem Versprechen anpreist, sie setze die Tradition des legendären ALLTAG – freilich für unsere Zeit – fort.“ Ach ja, es war doch eine schöne Zeit. Der Rest der späten Jahre ist lieferbar bei Elefantenpress, Berlin.

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