Studenten besetzen Parlamentsgebäude in Ost-Timor

■ Osttimoresen verlangen Aufklärung über jüngste Massaker des indonesischen Militärs

Berlin (taz) – 2.000 Studenten halten in der osttimoresischen Hauptstadt Dili seit Montag früh das Gebäude des Provinzparlaments besetzt. Sie fordern Aufklärung über Massaker, bei denen das indonesische Militär zwischen dem 9. und 19. November in Ost-Timor mindestens 44 Personen ermordet und 40 verletzt haben soll. Außerdem fordern die Studenten den Abzug der indonesischen Soldaten aus der früheren portugiesischen Kolonie, die 1976 von Jakarta annektiert wurde.

Die Massaker sollen nach einem Angriff von Rebellen der nach Unabhängigkeit von Indonesien strebenden Fretilin in Dörfern im südlichen Distrikt Alas stattgefunden haben. Indonesiens Regierung bestritt am Montag, daß es Massaker gegeben habe. „Wir haben die Sache überprüft. Namen und andere Details stimmen nicht“, so ein Sprecher des Außenministeriums. Indonesiens Militär, das in Alas bis zu 3.000 Mann im Einsatz haben soll, hat die Region inzwischen abgesperrt. Im August hatte das Militär öffentlichkeitswirksam einige hundert Soldaten aus Ost-Timor abgezogen. Später stellte sich heraus, daß sie nur gegen größere Kontingente getauscht wurden.

Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sind 14 der Getöteten namentlich bekannt, mindestens 28 Personen gelten als verschwunden. Der frühere Gouverneur Ost-Timors und Berater von Indonesiens Präsident Habibie, Mario Carascaloa, und der Friedensnobelpreisträger Bischof Carlos Belo haben die Berichte über die Massaker bestätigt. Bereits am Freitag hatte die Regierung Portugals, die völkerrechtlich für Ost-Timor zuständig ist, Gespräche mit Indonesien über die Zukunft der Inselhälfte ausgesetzt. Am Montag bot sich der indonesische Oppositionspolitiker Amien Rais als Vermittler an.

Die US-Regierung hat sich inzwischen besorgt über die Gewalt in Ost-Timor geäußert und alle Seiten zur Zurückhaltung aufgefordert. Australien drängt die Regierung in Jakarta, in dem Gebiet internationale Beobachter zuzulassen. Dies fordern auch Menschenrechtsorganisationen.

In Jakarta kam es gestern wieder zu Protesten gegen die Regierung. Tausend Studenten wurden auf dem Weg zum Parlamentsgebäude von der Polizei gestoppt. Zu Zwischenfällen kam es nicht. Die Demonstranten fordern, Ex-Diktator Suharto vor Gericht zu stellen. Nach indonesischen Presseberichten von gestern wurden inzwischen 163 Soldaten im Zusammenhang mit den Schüssen auf Demonstranten am 13. November verhaftet. Bei den schwersten Unruhen seit dem Rücktritts Suhartos im Mai kamen 15 Personen ums Leben. Sven Hansen