Kein Theater um den Theaterkanal

■ ZDF-Chef Stolte will ein neues Programm aufmachen. Damit er auch eine Familie hat

Lange hat ZDF-Intendant Stolte gehadert, daß er, anders als die ARD nur einen Kanal hat. Nun will er ein zusätzliches Programm aufmachen. Auf der Sitzung seines Fernsehrats am Freitag in Erfurt will sich der Intendant seine Pläne für einen Theaterkanal absegnen lassen. 13 Millionen Mark im Jahr soll der neue Kanal, der das digitale Programmpaket des ZDF ab nächstem Jahr erweitern soll, die Gebührenzahler kosten. Soviel will der Intendant laut der Beschlußvorlage für Freitag bei den Gebührenaufsehern von der KEF dafür anmelden.

„Das Gesamtwerk von Peymann“, „Schenks Shakespeare- Inszenierungen“, „von Antigone bis Günter Strack“ – „der Fundus ist riesengroß“, schwärmt man beim ZDF. Mit dem, was in den Mainzer Kellern liegt, lasse sich im künftigen Digitalangebot des Senders eine „gelungene Konzentration“ auf die angestrebten Zielgruppen, die sich für Information und Kultur interessieren, realisieren. Die Pressestelle in Mainz aber schweigt zu den Plänen – man wolle die Entscheidung abwarten. Von 9 bis 14 Uhr sollen – laut „Probeplanung“ Inszenierungen wie Peymanns Torquato Tasso oder Grübers Faust über den Bildschirm laufen. Motto: „Goethe für Schulen“. Abends ab 19 Uhr dann Inszenierungen von Gründgens oder Leander Haußmann. Grund für die seltsamen Sendezeiten: Das ZDF will die freien Zeiten auf den digitalen Kanälen von Arte und Kinderkanal nutzen.

„Bei Ausnutzung der möglichen Synergien wird hier mit einem vertretbaren materiellen Aufwand ein erheblicher Mehrwert für ein kulturell wertvolles Zusatzangebot geschaffen“, schreibt der Intendant in der Gremienvorlage – unter der Überschrift „Starke Bündnispartner zur Durchsetzung in der Öffentlichkeit“. Der Bündnispartner kann sich Stolte sicher sein: Ende Februar haben die Regierungschefs der Länder – besonders die der Unionsparteien – sich auf ihrer Mediensonderkonferenz für eine stärkere „Gleichberechtigung des ZDF“ in der digitalen Welt eingesetzt. „Herr Stolte kann eine Flasche Wein aufmachen“, freute sich danach Thüringens CDU- Landesvater Bernhard Vogel.

Traditionell ist das ZDF noch abhängiger als die ARD von den Politikern, besonders der Länder – denn die besetzen die Sitze in seinen Gremien. Daher war Stolte in der Vergangenheit immer viel vorsichtiger als die ARD, als es darum ging, neue Programme wie Phoenix durchzusetzen. Doch Programmvermehrung gilt in der digitalen Vielkanalzukunft als einzige Überlebensgarantie – das Zauberwort heißt Senderfamilie. Die ARD, beschwerte sich Stolte, könne munter Kinder- und Kultursendungen ins Dritte verschieben, sein ZDF, so klang das, mache sich damit die Quote kaputt.

Bei den Politikern hat der Intendant schon eifrig für seine Pläne geworben – wäre deren Zustimmung nicht sicher, heißt es im ZDF, stünde das Projekt nicht auf der Tagesordnung. Und auch Stoltes Konkurrenten wurden schon ein wenig in die ZDF-Pläne eingeweiht: Vorgestern abend traf sich Stolte auf Einladung des NRW-Medienwächters Norbert Schneider mit dem ARD- Vorsitzenden Peter Voß und Privat-TV-Lobbyist Jürgen Doetz, den Geschäftsführer von Sat.1. Eigentlich sollte es um Jugendschutz gehen. Aber wie man hört, redete Stolte auch über Theater. Lutz Meier