: Galerienspiegel
In konsequenter Fortentwicklung der Museumslandschaft und der technischen Biogestaltung hat das Museum für Kunst und Gewerbe einen Preis für das beste Karottendesign ausgeschrieben. Der mit 15.000 Mark dotierte sogenannte Mümmelmann-Preis wird im jährlichen Wechsel von einem von der Justus-Brinckmann-Gesellschaft gewählten Top-Designer und der „Gruppe 2000 im Verband junger Bauern“ vergeben.
Frieden für alle und zwar sofort: Unter diesem Motto zeigte die Künstlerinitiative „Betroffener Dialog e.V.“ ihre diesjährige Bilderschau. Die gutbesuchte Veranstaltung auf den Fluren im 16. Stock des Liegenschaftsamtes war ein voller Erfolg, da um des lieben Friedens willen über Qualität nicht gesprochen wurde.
Einen vollständig verglasten Erweiterungsbau über und zwischen den Gleisen vor dem Hauptbahnhof plant das Museum für Kunst und Gewerbe. Der dringend nötige Anbau schafft Platz in den übervollen Magazinen, ermöglicht eine museumsspezifische Sicht auf das Design des ICE, der älteren schienengebundenen Transportmittel und der rollenden Graffitiszene. Da der Glasbau den Bahnkunden im Vorbeifahren einen schnellen Blick auf schnelles Design bietet, sponsert die DB-AG 60 Millionen Mark der Baukosten von 63 Millionen zusammen mit der Citi-Bank, BahnCard-Besitzer haben auch nach Feierabend freien Einblick.
Der dogenpalastige neue Kunsthallen-Kubus ist bereits mit Kunstwerken vollständig gefüllt. Aufgrund dieser alarmierenden Tatsache hat Direktor Uwe M. Schneede einen weiteren Anbau zugesagt bekommen: eine auf der Alster schwimmende Kugel. Die im Gegensatz zum Ungersbau hypermoderne Architektur des Hamburger Büros „Größler Gebrüder“ wird mit Bundesmitteln gefördert und soll bereits als Hamburger Attraktion zur Hannoveraner Weltausstellung 2000 nutzbar sein. Zur Reduzierung der dauernden Folgekosten wird diese neue Kunstinsel allerdings nur bedingt zugänglich sein: Für 25 Mark kann ein Boot mit Führer gemietet werden, um sie zu erreichen.
Da die Deichtorhallen GmbH mit dem Behängen zweier Gebäude auf Dauer überfordert ist und das Geschenk der Körber-Stiftung zudem bis heute nicht den Anforderungen eines modernen Museums entspricht, wird die Nordhalle dieses Frühjahr zu einem Troparium umgebaut. Schon ab Oktober 96 finden dort in dschungelähnlichem Ambiente werktäglich jeden Mittag Kammerkonzerte für gestreßte Manager unter Palmen statt. Vorbild für die Idee ist der Wintergarten der Ny Carlsberg Glyptothek in Kopenhagen. Daß es durchs schadhafte Dach ohnehin durchregnet, ist dabei für den Pflanzenwuchs nur günstig.
Als Jahresknüller 1995 stellte sich im Rückblick die zweistündige Kneipenausstellung von Clara Klienau heraus. Zwar war aufgrund einer fehlerhaften Ankündigung kaum jemand gekommen, auch kann sich keiner an die Bilder erinnern. Aber der Wein im Anschluß an die Präsentation war legendär, und irgendwie sind sich bis heute alle einig, etwas Geniales verpaßt zu haben.
Neue Erlebnisqualitäten im Völkerkundemuseum: Mit Kult- und Gasmasken können ab 15. Januar jahrzehntelang verstaubte, vergiftete und verhexte Speicher besichtigt werden. Als Führer konnten die Mitglieder des Vereins niedergelassener Papuas in Itzehoe e. V. gewonnen werden. Das ganztägige Programm ist als Bildungsurlaub anrechenbar.
Das Eintrittsgeld für die Hamburger Museen berechtigt ab 1. August 96 nur noch zum Betreten der Gebäude und zum Durchschreiten der Ausstellungen. Beim verweilenden Betrachten werden für einzelne Kunstwerke separate Gebühren erhoben. Vorbild für diese Regelung sind die Beleuchtungsautomaten in den italienischen Kirchen. Im Gegenzug zu den erwarteten Mehreinnahmen entfällt die Gebühr für den Verlust der Garderobenmarke. Außerdem wurde dem kunstgeschichtlichen Seminar der Universität zweimal im Semester eine Sonderregelung für schriftlich legitimierte Fachinteressenten zugesagt.
Die letzte Vernissage des Jahres im Kunstverein fand aufgrund eines Terminirrtums der beauftragten Spedition ganz ohne Artefakte statt. Da die Einladungen aber schon versandt waren, war die Veranstaltung auch so ein voller Erfolg. Bis auf den Galeristen Michael Hauptmann hatten die angeregt über Kunst diskutierenden Kunstkenner das Fehlen der Exponate nicht bemerkt.
Die Toreinfahrt und den großen Hof des Gebäudes der alten Feuerwache in der Hastedtstrasse nutzt das Helmsmuseum, das Harburger Museum für Archäologie und die Geschichte Hamburgs, für das erste deutsche Drive-In-Museum. Personal in altgermanischer Tracht bietet mittels schwenkbarer audiovisueller Geräte siebenminütige kulturelle Häppchen aus dem Museumsprogramm. Das Angebot richtet sich vor allem an die motorisierten Bewohner der Landkreise Winsen und Stade. ssc
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen