: So ist er halt, der moderne Feminismus
betr.: „Die Rüstungsspirale des Feminismus“ (Warum Frauen die Freiheit haben sollten, in die Bundeswehr zu gehen), taz vom 14./ 15. 8. 99
Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit. So ist er halt, der moderne Feminismus. Die Frauen nehmen sich die Freiheit, genauso (gleich) zu sein wie die Männer, in Heide Oestreichs Kontext heißt das, genauso böse, gewaltbereit und „tough“, damit die Männer ihre Identifikationsstrategie, wonach Männlichkeit alles das ist, was Frauen nicht tun (dürfen, können, wollen), aufgeben müssen und schlussendlich das Patriarchat sich mangels Substanz selbst auflöst.
In diesen Zeiten, wo die Verweigerungshaltung unmodern geworden ist, wo nur noch möglichst plakatives Mitmachen und In-die-Kamera-Winken die Angst vor der eigenen 2000-Unfähigkeit übertüncht, da ist der Kampf auf die letzte Bastion des Männergeschlechts, so scheint es, feministische Pflicht, Theorie hin, gesunder Frauen-Verstand her.
Dass dabei die weibliche Identität weit eher im Pulverdampf verweht, als die männliche durch das veränderte Frauenbild darunter leidet, liegt an der primitiven Tatsache, dass sich Männer noch nie als Gegenpart des Weiblichen definiert haben, sondern ihnen lediglich animalische Freiheiten nicht aberzogen werden. Solange das so ist, dürfen sie ohne Gewissensbisse töten, Frauen schänden, rassistische Endlösungen ausdenken und die natürlichen Grundlagen des Lebens verwüsten. Männer bewerten ihr Tun allenfalls nach der Tat, fällt die Bilanz positiv aus, dann behaupten Schlitzohren, man(n) sei im Recht gewesen, während man(n) weiß, dass man(n) doch bloß Glück gehabt hat beim Ausleben triebhaften Verhaltens, dem leider nur wenige Frauen auf der Welt die Anerkennung als „heldenhaft“ verweigern.
Heldin von Prizren, ist das der Titel, den Tanja Kreil nicht auch gerne tragen würde? Und es ist ihr dabei egal, ob sie dafür von Männern oder Frauen bewundert oder beneidet wird. Ich glaube, der unteilbare Gleichheitsgedanke führt den Feminismus von einem kollektiven Geschlechterstandpunkt ungebremst hinein in die libertäre Individualisierung, wo jedem und jeder alles offensteht, wenn, und das ist der Pferdefuß, wenn er/sie nur stark genug ist, es sich zu nehmen.
Oswald Neubauer, Ludwigsburg
Die schlichte, intellektuelle Argumentation, die Oestreich vorträgt, um die Emanzipation der Frauen beim Töten und Killen in militärischen Großorganisationen voranzutreiben, erschrickt mich heftig!
Sollen Frauen den ganzen Blödsinn und die ganzen Fehler, die das Patriarchat in den vergangenen Jahrhunderten gemacht haben, wiederholen?
Hat Oestreich noch nie von anderen Konfliktlösungsstrategien und Theorien gehört? Emanzipation besteht für sie offenkundig darin, alle Fehler der Männer zu wiederholen: Frauen ans Gewehr, Rauchen wie die Männer, und die „Männerpsyche in Frauenkleidern“ ist perfekt – und das Ganze nennen wir dann Emanzipation der Frau beziehungsweise Erfolge des Feminismus.
Hat sie noch nie etwas von Gandhi, Lysistrate oder Bertha von Suttner gehört oder gelesen? Georg Hötger, Mülheim/Ruhr
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