: Halten, was nicht zu halten ist
betr.: „Für immer Betriebswirt“, taz vom 18. 4. 00
„Alles Ständische und Stehende verdampft“ – Karl Marx und Friedrich Engels schrieben diese Worte vor mehr als 150 Jahren in ihrem „Das Manifest der kommunistischen“. Sie beschrieben eindringlich die alles erschütternde Wirkung der kapitalistischen Produktionsweise. Rationalisten, die sie waren, glaubten sie, dass die Menschen gezwungen würden, die Welt mit nüchternen Augen zu sehen.
Dass es auch anders geht, beweist der Autor. Die Gefahr sieht er wohl und die vermeintliche Ursache hat er auch schnell ausgemacht: die Ökonomisierung des Lebens. Aber was er als Ursache sieht, ist selbst nur Wirkung. Und worauf er als Abhilfe hofft – die „Verantwortung für die Gemeinschaft“, die „Selbstorganisation der Individuen“ – ist der fromme Wunsch derer, denen schon beim Nachdenken über die Ursachen der Verwüstungen der Beziehungen der Menschen untereinander und zur Natur das Herz in die Hose rutscht. So bleibt es beim Lamentieren und der Autor will – wie alle Konservativen – halten, was nicht zu halten ist.
Eine intakte Natur, Wohlstand für alle, freie Menschen – und das auf Grundlage kapitalistischer Produktionsweise? – Die bestehende (bürgerliche) Welt als die beste aller Welten – natürlich ohne die „sie revolutionierenden und sie auflösenden Elemente“? – Die Wirklichkeit hat den Autor eingeholt. Eine gute Gelegenheit, mutig und konsequent neu nachzudenken.
WOLFGANG MAUL, Pleinfeld
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