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Ein Skandal, der gar keiner ist

betr.: „Schmutziger Raps“, „Der Genraps blüht“, „Kriminelle Rapsodie“, „Pflügt die Felder um“, taz vom 19. 5. 00

Seit den ersten genehmigten Freilandversuchen war vorhersehbar, vollkommen natürlich und nur eine Frage der Zeit,dass die ganzen Frankenstein-Rapse, -Rüben, -Kartoffeln, und -Maissorten sich ihre Geschlechtspartner auch unter den nichtmanipulierten Artgenossen suchen werden.

Dass eine Kontrolle genmanipulierter Pflanzen unmöglich ist, zeigt zwar der aktuelle Fall noch einmal auf, liegt aber in der Natur der Natur. Was sich bei Tieren durch das Einsperren vielleicht noch verhindern lässt, nämlich die unkontrollierte Kreuzung mit anderen, ist zwar bei Pflanzen rein theoretisch technisch möglich (in hermetisch abgeschlossenen Gewächshäusern), wäre aber selbst bei den lukrativen Feldkulturen unwirtschaftlich. Eine derartige Auflage würde das Problem somit von heute auf morgen lösen, ist aber wegen der starken Lobbies aus Chemieindustrie und Landwirtschaft nicht durchsetzbar.

Diejenigen, die jetzt größere Abstände zu Nachbarfeldern fordern, machen sich etwas vor: Die Vermischung der Sorten kann damit nicht verhindert werden; es könnte im besten Fall dazu führen, dass der Anbau genmanipulierter Sorten nicht mehr wirtschaftlich ist. Aber auch darauf wird die konventionelle Landwirtschaft damit reagieren können, dass nur noch Genraps angebaut wird . . . dann müssen keine Abstände mehr eingehalten werden.

Im Moment überwiegt bei den meisten „Konvis“ noch das Misstrauen gegenüber den Gentech-Sorten. Das liegt aber eher daran, dass sich die meisten Landwirte mit neuen Sachen eher schwer tun. Wächst der wirtschaftliche Druck auf die Landwirte weiter und lässt die öffentliche Diskussion über das Thema nach, was beides zu erwarten ist, werden sie keine Scheu haben, die manipulierten Sorten großflächig anzubauen. Und selbst bei bestmöglicher Kennzeichnung werden die meisten Verbraucher, die heute noch kritisch sind, diese Lebensmittel kaufen, weil sie billig sind.

Machen wir uns nichts vor: Zum Verbieten ist es längst zu spät. Wir werden damit leben müssen, falls wir nicht endlich große Teile der Bevölkerung mit (teuren!) Aufklärungs- und Werbekampagnen davon überzeugen können, beim Bio-Bauern einzukaufen. Aber dazu fehlt wohl der politische Wille der Regierung mit dem grünen Punkt. JONAS SOMMER, Witzenhausen

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