Es kracht im Gebälk

Nach dem Ja zur Rentenreform gibt sich die PDS in Mecklenburg-Vorpommern zornig. Canossa-Gänge von SPD-Regierungschef ohne Erfolg

BERLIN taz ■ Jetzt können nur noch wohlgesetzte Worte helfen. Beteuerungen, dass alles nicht so gemeint war. Wirklich nicht. Bis Donnerstag hat der Regierungschef von Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff, Zeit, sich etwas einfallen zu lassen, um die Koalitionskrise zwischen seiner SPD und der PDS zu beenden. „Mit einer Einladung zu Kaffee und Kuchen ist es aber nicht getan“, grantelt Hanno Harnisch, PDS-Bundessprecher auf die Frage, was denn die aufgewühlten Koalitionsherzen wohl noch besänftigen könne.

Ohne Wenn und Aber müsse Ringstorff nun erklären, „dass es sein einziger und letzter Ausrutscher war“. Tief sitzt die Kränkung, die Ringstorff den Sozialisten am Freitag im Bundesrat zufügte, als er den zweiten Teil der Rentenreform im Namen seines Landes abnickte und sich nicht der Stimme enthielt, wie es der Koalitionsvertrag von Schwerin für Fälle vorsieht, in denen sich die beiden Regierungspartner nicht einig sind. Und mit der Rentenreform ist die PDS alles andere als einverstanden.

Dabei hätte Ringstorff ohne Not sein Ja verweigern können. Die Rentenreform wäre auch ohne seine Stimme durchgekommen. Gerade weil die Lage so günstig für eine dezente Enthaltung gewesen wäre, ist die PDS so sauer. Die rot-rote Koalition, die bislang so verlässlich funktioniert habe, hänge seit Freitag an einem „hauchdünnen seidenen Faden“, versichert Harnisch. Ein Reißen sei nicht ausgeschlossen. Nach Ansicht der PDS hat Ringstorff den Koalitionsvertrag gebrochen und eine „schwere Vertrauenskrise“ in der bisher „Prima-Klima-Club“ genannten Regierung ausgelöst.

Als ersten Ausdruck der Missbilligung hatte die PDS am Samstag zu einem Krisentreffen nach Güstrow geladen. Dort trat Ringstorff seinen ersten Canossa-Gang an. Gerade weil die neuen Länder auf weitere Unterstützung des Bundes angewiesen seinen, versuchte er den Genossen zu erklären, könne das Land wichtige Reformprojekte des Bundes nicht blockieren.

Dieser Versuch ging daneben. Ringstorff konnte die Genossen nicht besänftigen – zumal niemand etwas davon gehört hat, dass der Bund eventuelles Wohlverhalten in der Rentenfrage mit finanziellen Vergünstigungen belohnen wollte.

Weshalb hat Ringstorff also einen Alleingang riskiert? In der PDS wird munter spekuliert. „Offenbar hat er den Eindruck, dass man mit der PDS alles machen kann“, vermutet Sahra Wagenknecht. Die Frau von der Kommunistischen Plattform empfiehlt denn auch als Strafe den sofortigen Abbruch der Regierungsbeziehungen. Parteisprecher Harnisch vermutet Ähnliches. Möglicherweise sei Ringstorff aus dem Umfeld des Kanzlers gebeten worden, doch einmal „auszutesten, inwieweit man mit der PDS Spielchen treiben kann“. Harnisch sagt auch, dies sei nur eine „Nebenspekulation“. Muss er auch, denn Helmut Holter selbst, der an Ringstorffs Seite in Schwerin regiert, hat dem Ministerpräsidenten die Gnadenfrist bis Donnerstag eingeräumt. Zeit genug, damit sich die Wogen wieder glätten.

ANNETTE ROGALLA