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Frieden mit dem Militär

betr.: „Ein Quäntchen Zivilcourage“, taz vom 21. 7. 01

Beim feierlichen Gelöbnis von jungen Soldaten in Berlin wurde betont, die Bundeswehr befinde sich in der Tradition von Stauffenberg und seinen Mitverschwörern. Das soll wohl so klingen, als sei die Bundeswehr eine Armee von Widerständlern. Aber zwei Aspekte dürfen dabei nicht übersehen werden:

Stauffenberg und die anderen am Attentat auf Hitler beteiligten Offiziere haben den Anschlag erst geplant und durchgeführt, als der Krieg für Deutschland bereits verloren war. Bis dahin waren sie Hitler gehorsam. Und die Bundeswehr beteiligte sich am Krieg gegen Jugoslawien, obwohl dieser Einsatz gegen unser Grundgesetz und das Völkerrecht verstieß. Da wäre bereits Widerstand der Bundeswehr gegen diese politische Entscheidung angebracht gewesen, der aber nicht erfolgte. Das gibt mir für die Zukunft sehr zu denken. FRIEDRICH LEUST, Bremen

Für den Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, waren bei der Gründung der Bundeswehr Deutsche in Uniformen unvorstellbar gewesen, sagte er beim Rekrutengelöbnis im Bendlerblock in Berlin am Jahrestag des Stauffenberg-Attentates auf Hitler. Dort würdigte er jetzt die Bundeswehr.

Spiegel ist leider nicht der Einzige, der mit dem Militär Frieden geschlossen hat. Ausgerechnet in dieser Zeit, wo die Bundeswehr grundgesetz- und völkerrechtswidrig am Krieg gegen Jugoslawien teilgenommen hat, wo sie für weitere Kriegseinsätze im Ausland vorbereitet und ausgerüstet wird, nehmen die Proteste gegen die Bundeswehr und ihre neuen Aufgaben ab.

Gewerkschaften sehen lieber die Arbeitsplätze, weil die Aufrüstung der Bundeswehr die Rüstungsproduktion ankurbelt. Die Kirchen halten sich auch bedeckt und segnen wie selbstverständlich den neuen Kurs der Bundeswehr mit ihrer Militärseelsorge ab. SPD und Grüne, die sich ehemals für die Abrüstung einsetzten, besorgen nun den Umbau der Bundeswehr zu einer Angriffsarmee. [..] Haben sie vergessen, dass sich mit Gewalt kein Frieden schaffen lässt? PAUL FRÖHLICH, Bremen

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