: Mehr Fest als Film
Zur richtigen Zeit im falschen Kino. Stars und Filme, die nicht kamen – beim 9. Internationalen Filmfestival in Oldenburg war nicht alles Gold, was glänzte
„Hauptsache die Partys sind toll“ scheint inzwischen die Devise der Organisatoren des Oldenburger Filmfestivals um den Gründer Torsten Neumann zu sein. Man hatte ihnen auch in den früheren Jahren schon viel verziehen, denn man weiß ja, dass sie das Festival mit minimalen Mitteln zusammenschustern müssen. Schließlich unterstützt die Stadt diesen Event, das Oldenburg zumindest unter unabhängigen Filmemachern international bekannt macht, nur mit ein paar lächerlichen Tausendern.
Dass also im Programm aufgeführte Filme ausfallen, mit viel Trara angekündigte Gäste (und zwar immer die berühmten) nicht kommen, viele Filme kurzfristig und aus oft unerfindlichen Gründen in andere Kinos wechseln, sodass man regelmäßig zur richtigen Zeit vor der falschen Leinwand steht – an all das hat sich der treue Festivalgast schon gewöhnt.
Aber inzwischen hat diese Fadenscheinigkeit Methode. Die Festivalmacher scheinen es für selbstverständlich zu halten, dass das Programmheft eher ihr Wunschzettel als eine ernst zunehmende Zusammenfassung der Filmtitel ist, und man verliert auch langsam die Geduld, wenn man erlebt, mit welcher Dreistigkeit über die Pannen hinweggegangen wird. Die Organisatoren von anderen Filmfesten, etwa in Emden oder Osnabrück, würden ständig mit hochrotem Kopf vor ihr Publikum treten und sich für die Peinlichkeiten entschuldigen. In Oldenburg steht das Publikum dumm da.
Nur ein ärgerliches Beispiel: Auf den koreanischen Film „Lies“ waren vielen Cineasten sehr gespannt (zum Teil wegen des hemmungslos anpreisenden Promotextes im Programm). Dabei hatte der Verleih den Film noch gar nicht freigegeben. Dies wussten aber nur ein paar Eingeweihte, allen anderen wurde direkt an der Kinokasse ein mageres „ersatzlos gestrichen“ entgegengehalten.
Lange Gesichter sah man diesmal immer öfter, denn das Programm war ungewöhnlich schwach. Bei manchen Filmen hatte man das Gefühl, sie wurden nur als Füllmasse gezeigt. An dem französischen, fast völlig sinnfreien „Dix-sept fois Cécile Cassard“ (mit Béatrice Dalles, die natürlich als Stargast angekündigt war, aber nicht kam) hatte wohl kaum ein Zuschauer große Freude.
In der Regel kamen auf einen erfreulichen Film gleich mehrere Nieten. Bei den „Midnite Xpress“ wurden die vermeintlichen Kultfilme meist in schlimmer Qualität vorgeführt: Den thailändischen „Killer Tattoo“ beispielsweise gab es gar nur als VHS-Videoprojektion.
Aber dann gab es immer wieder einen schönen US-Independent-Film, der für vieles versöhnte. Die engen Kontakte zu dieser Szene sind immer noch der große Pluspunkt von Oldenburg. Und natürlich die Eigenproduktionen. Fast könnte man sagen, der Trailer war besser als das Festival, und auch die neue 99-Euro-Staffel (wir bericheten) bietet einen spannenden Querschnitt von Arbeiten unabhängiger Filmemacher.
Neben den coolen Partys scheint das nun der eigentliche Ehrgeiz der Oldenburger Festivalmacher zu sein. Vielleicht zieht dann im nächsten Jahr um diese Zeit ein Filmteam durch die Stadt, das alle Pannen, Pleiten und Peinlichkeiten des Oldenburger Festivals für den Trailer festhält. Und im Jahr darauf gibt es dann „Oldenburg – The Movie“! Wilfried Hippen
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