Durchsuchungen bei Radio Dreyeckland: Maßnahmen nicht verhältnismäßig
Im Januar wurden die Redaktionsräume vom Freiburger Radio Dreyeckland durchsucht. Das Landgericht Karlsruhe sagt nun: Das war rechtswidrig.
Ermittler hatten damals zwei Mitarbeiterwohnungen und Redaktionsräume des nichtkommerziellen Senders in Freiburg durchsucht. Der Vorwurf der Ermittler lautet früheren Angaben zufolge, auf der Homepage des Senders sei ein Bericht veröffentlicht worden, der einen Link auf ein Archiv der verbotenen Vereinigung „Linksunten.Indymedia“ enthalten habe.
Die Vereinigung „Linksunten.indymedia“ war im August 2017 vom Bundesinnenministerium nach Krawallen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg verboten und aufgelöst worden. Auf der Plattform sei zu linksextremistischen Straftaten aufgerufen worden, hieß es damals zur Begründung. „Linksunten.Indymedia“ war vom damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) als bedeutendste Plattform für gewaltbereite Linksextremisten in Deutschland bezeichnet worden.
Die Anwältin des Freiburger Senders, Angela Furmaniak, sagte nun mit Blick auf den jüngsten Beschluss des Landgerichts: „Das ist eine sehr erfreuliche Entscheidung, die das Grundrecht der Pressefreiheit gerade in kleinen und unabhängigen Medien stärkt.“ Der Sender und die Berliner Bürgerrechtsorganisation Gesellschaft für Freiheitsrechte hatten Beschwerde gegen die Durchsuchungen eingelegt.
Angeblich strafbare Verlinkung
Im Juni war gegen einen Redakteur des Senders Anklage vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Karlsruhe zugelassen worden. Dem Journalisten wird vorgeworfen, mit der Verlinkung weiteres Handeln einer verbotenen Vereinigung unterstützt zu haben.
Angeklagt ist er wegen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot, wie das Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) damals mitgeteilt hatte. Die Anklage der Staatsanwaltschaft war in erster Instanz vom Landgericht Karlsruhe nicht zugelassen worden. Gegen den Beschluss hatte die Anklagebehörde Beschwerde eingereicht.
Wie der Sprecher des Karlsruhe Landgerichts nun bestätigte, soll das Verfahren geführt werden. Einen Termin gebe es aber noch nicht.
Radio Dreyeckland hat eine lange Tradition als links-alternativer Sender. Er entstand aus der regionalen Anti-Atomkraft-Bewegung der 1970er Jahre und bekam 1988 als erstes freies Radio in Deutschland eine Sendelizenz. Die Geschäftsführung hatte bereits unmittelbar nach den Durchsuchungen kritisiert, dass diese die Rundfunkfreiheit und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in gravierender Weise verletzten.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Prozess zum Messerangriff in England
Schauriger Triumph für Rechte
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Rückgabe von Kulturgütern
Nofretete will zurück nach Hause
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument