„Gold“ auf der Berlinale: Kühl bis ans Herz

In „Gold“ porträtiert Thomas Arslan deutsche Auswanderer, die 1898 dem Gold am Yukon-River hinterherjagten. Mitfühlen soll der Zuschauer wohl nicht.

Emily, gespielt von Nina Hoss, mit ihrem Ross. Bild: Patrick Orth / Schramm

Expeditionsleiter Laser stellt alles so dar, als sei es nur ein Spaziergang: sechs Wochen durch großartige kanadische Landschaft zum Gold. Er präsentiert ein Riesennugget als Objekt des Begehrens und Beweisstück zugleich.

Dann zieht die Truppe los. Ein älteres Ehepaar macht die Küche. Ein Mann kommt von der Zeitung und schreibt eine Reportage über den Treck. Einer will seine Familie aus dem New Yorker Drecksloch holen, in dem sie lebt. Das Kindermädchen aus Chicago hat nichts zu verlieren. Eine geheuerte Kraft ist der Packer, den allerdings seine Vergangenheit, mit Schießgewehren bewaffnet, verfolgt. Wir schreiben das Jahr 1898. Ausgewanderte sind sie alle, aus Deutschland. Sie ziehen los.

Sie reiten. Sie reiten und reiten. Widrigkeiten stellen sich ein, ein Radbruch, eine Bärenfalle, Orientierungsprobleme. Zwei Kopfgeldjäger und diverse Indianer marschieren als Zitate aus der Genregeschichte durchs Bild. Einstellungen, die alle sehr nüchterner Art sind, sogar in den tollen leinwandbreiten Landschaftsaufnahmen werden sie durch Schwarzblenden zäsuriert und durch sparsame Riffs von Dylan Carlson, Gitarrist der Doom-Band Earth.

Allmählich wird die Reisetruppe dezimiert. Die Übriggebliebenen reiten in die nächste Schwarzblende weiter. Das Repetitive ist dabei Methode. Hoch zu Ross: Nina Hoss, die Ungerührtheit in Person. Wer Gold mit Fieber assoziiert, liegt hier falsch. „Gold“ ist kühl bis ans Herz, fiebert höchstens eiskalt.

Gelegentlich wagt Thomas Arslan einen Schritt in Richtung Erzählung: Der Packer und das Kindermädchen kommen sich näher. Konflikte zwischen den Mitgliedern der immer erschöpfteren Gruppe zeichnen sich ab. Dann erweist sich Laser als Schurke und es wird das Recht in der Wildnis diskutiert und praktiziert und hintenrum suspendiert.

„Lost“ in Kanada

Durch Mark und Bein geht später eine Säge. Mehr passiert aber nicht. Immer reiten sie zielstrebig weiter. Ziemlich „lost“ in Kanada – wo freilich die Serie gleichen Namens geradezu plotwütig ist, übt Arslan verschärfte Plotabstinenz. Sogar die früh eingeführten Verfolger werfen nur den Fatalismus eines absehbaren Ausgangs voraus.

Einerseits ist das ja bewundernswert konsequent. Auch gar nicht bierernst, das Wissen um die Absurdität der historischen wie der filmischen Expedition scheint durch. Andererseits fehlt irgendwann der Mehrwert, den diese Reduktion des Historienfilms auf die reine Struktur, auf die Einstellung als Diskursangebot, auf das Mundwinkelzucken der Nina Hoss als größte denkbare Regung doch auf anderer Ebene bieten sollte.

So richtig mitfühlen soll ich wohl nicht. Auch auf Spannung legt Arslan es nicht an. Was bleibt vom Gold und der Gier und der Verzweiflung? Ritte, Schüsse, Blicke in die Menge, jedoch fern aller Fülle, vielmehr alles recht gründlich entleert.

15 Februar, 15 Uhr und 17. Februar, 10.00 Uhr, Friedrichstadt-Palast.
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