DER RECHTE RAND : Nazis kapern Protest gegen verdächtigen Nachbarn
Einwohner der Kleinstadt Gadebusch im Nordwesten Mecklenburgs sorgen sich, weil ein Nachbar verdächtigt wird, Sexualstraftaten begangen zu haben. Schon bei den ersten Protesten von Anwohnern waren Neonazis mit dabei. „Kinderschänder raus“ und „Lebenslänglich wegsperren“ forderten am vorigen Freitag an die 100 Menschen vor dem Wohnhaus des 22-Jährigen. Künftig will die NPD den Protest sogar anführen. Unter dem Motto „Todesstrafe für Kinderschänder“ ruft der NPD-Kreistagsabgeordnete David Böttcher für den kommenden Freitag zu einer „überparteilichen Protestkundgebung“ auf.
Die spontane Demonstration war bereits die zweite Aktion in einer Woche. Schon am Dienstag hatten an die 250 Menschen vor dem Haus des Beschuldigten protestiert. Für sie ist wenig nachvollziehbar, dass der Mann, der drei Mädchen im Alter von acht bis zehn Jahren zu sexuellen Handlungen gezwungen haben soll, nicht in Haft ist. „Wir ärgern uns, dass der Mann Polizeischutz bekommt. Das verstehen wir nicht, warum so einer geschützt wird und nicht die Kinder“, sagte eine Mutter von zwei Kindern am Freitag der Ostsee-Zeitung. Bürgermeister Ulrich Howest (SPD) denkt auch, „dass es eine Tendenz der Justiz gibt, etwas zu milde zu sein“.
Seit Jahren versucht die NPD die Ängste vor Sexualstraftätern zu nutzen. Die NPD fühlt sich auch deshalb berufen, die Kundgebung in Gadebusch anzumelden, weil die „Polizei weiteren Bürgerprotest“ angeblich unterbinden will. Es sei „unhaltbar“, dass der „Angst der Menschen“ nicht ausreichend „Gehör verschafft werden darf“, behauptet Böttcher.
Die Polizei hatte indes nur angemerkt, dass sie schnell Kräfte zusammenziehen musste, weil zu der Kundgebung am Freitag spontan mit SMS-Ketten mobilisiert wurde – und Betrunkene und Anhänger der rechten Szene mitprotestierten.
ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland