: ABM-Stelle für volkstreue Jugendarbeit
Sächsischer CDU-Landrat hat einem lokalen NPD-Funktionär offenbar einen Job in einem Jugendclub angeboten
DRESDEN taz ■ Nach einem Gespräch des Landrates Gerhard Gey (CDU) im sächsischen Muldentalkreis mit NPD-Funktionären und „volkstreuen“ Jugendlichen (taz berichtete) eskaliert der Streit um Charakter und Inhalt der Begegnung. In einem offenen Brief bekräftigt der NPD-Kreisrat und Gesprächs-Initiator Sven Tautermann seine bisherige Darstellung. Erst auf ein Förderangebot des Landrates hin habe man nach dem Gespräch vom 24. April einen Antrag auf finanzielle Unterstützung von vier konkreten Vorhaben der „Heimatarbeit und der interkulturellen Arbeit“ gestellt. Die Fördersumme soll sich nach NPD-Angaben auf 2.000 Euro belaufen. Der Landrat hatte diese Zusage bestritten. Die sechs Gesprächsteilnehmer wollen ihre Gesprächsversion notfalls eidesstattlich bekräftigen.
Außerdem eröffnete Tautermann, dass ihm der „Betrieb für Grundsicherung und Arbeitsförderung“ des Kreises im März eine ABM-Stelle als Jugendarbeiter in der Neonazi-Hochburg Trebsen angeboten habe. Demnach sollte der arbeitslose Baumaschinist „pädagogische Unterstützung im Jugendclub Trebsen“ leisten. Die Stadt lehnte ihn beim Bewerbungsgespräch aber ab, weil Tautermann als ehemaliger NPD-Stadtrat bekannt war.
Die Linkspartei-Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz aus dem Muldentalkreis fragt, was Tautermann plötzlich zur pädagogischen Fachkraft befördere, und erinnert an zahlreiche qualifizierte Bewerber, die vergeblich auf ein solches Stellenangebot warteten. Sie forderte Landrat Gey auf, jetzt „alle Karten auf den Tisch zu legen und gemeinsam mit allen demokratischen Kräften die NPD zu bekämpfen“. Sonst seien „persönliche politische Konsequenzen unausweichlich“. Und der grüne Innenpolitiker Johannes Lichdi fragt sich, wie lange ein Landrat, dem „die Nazis auf der Nase herumtanzen, politisch noch haltbar ist“.
Landrat Gerhard Gey sah sich und den „Modellkreis“ Muldental gestern als Ziel einer NPD-Kampagne. Er räumte ein, dass er ungewollt den Neonazis eine Plattform geboten habe. Geld habe er jedoch nicht zugesagt. Das Landratsamt rechnet deshalb mit einer juristischen Auseinandersetzung mit der NPD. Und das Stellenangebot für Tautermann sei zunächst in einem Verfahren ohne Prüfung der Person erfolgt, behauptet Gey. Der CDU-Kreisvorsitzende und Chef der Sächsischen Staatskanzlei, Hermann Winkler, zeigte sich erneut bestürzt. Der Landrat und Parteifreund erweise sich leider als „beratungsresistent“, sagte er der taz. MICHAEL BARTSCH