Ungeachtet aller anderslautenden Meldungen kommt der Wiederaufbau in Beirut und den übrigen Teilen des zerbombten Libanon inzwischen ohne größere Verzögerungen gut voran. Denn seitdem sich die syrische Armee aus dem Libanon zurückgezogen hat ist auch die Versorgung der einheimischen Bevölkerung mit Rotem Libanesen wieder gewährleistet.
Irgendwie erinnert mich das an die Bilder der rauchenden Schlote mit Beginn des Wirtschaftswunders der Nachkriegszeit…!
Voranmerkung vom mir: El Patio schreibt so schön, daß er eigentlich einen eigenen Blog bräuchte – doch bis es soweit ist, darf er hier seine Kommentare posten! (Wobei ich mir vorbehalte, Umlaute und ß wieder einzuführen, die sein System anscheinend nicht kennt).
Hola Datenscheich,
und du hast wirklich nichts dagegen, dass ich hier deinen blog volllaber, mit Geschichten aus La Puya………also hier die Fortsetzung von gestern nacht……
….im Garten setzt jetzt ein Froschkonzert ein, mehrstimmig, laut, gegen die Musik aus dem Barrio ankämpfend, die Rufe nach einem Sexualpartner schwellen zu einer Kakophonie der Begierde an, …….
und spätestens in 10 Minuten wird die drückende Hitze von den ersten Windböen durchgequirlt werden, salziger Meeresgeruch wird durch die Nasenlöcher pulsieren, sich mit den Düften der tropischen Blüten, der verfaulenden Mangos und Avocados mischen, nach weiteren 10 Minuten werden die ersten fetten Regentropfen ihre dunklen Trommelwirbel auf die roten Tonpfannen hämmern, oder in helleren, kürzeren Schlägen auf die Zinkbleche der Barriohütten fallen, um dann in eine sintflutartige Cascade aus Wasser und Gischt überzugehen, eine jeden Blick versperrende Wasserwand, ein jeden Laut überdeckendes Rauschen………
morgen werde ich den Froschlaich aus dem Pool schöpfen, die Früchte der Nacht in die Regentonne umsiedeln, hin und wieder ein Stück altes pan de aqua reinwerfen, und in 4 bis 6 Wochen werden die Tapaculos die Tonne verlassen, ihren Platz in der Nahrungskette einnehmen, eine evolutionsbedingte Lücke im System schließen, dafür sorgen, dass die Mosquitos nicht Überhand nehmen…….
und in 3 Monaten werden die Chicas stolz ihren anschwellenden Bauch präsentieren, in 6 Monaten werden sie unten am Tor nach el patio rufen, langwierige und komplizierte Geschichten erzählen, die damit enden, dass sie Geld für die Schwangerschaftsuntersuchung brauchen, später ein paar Pesitos für die Entbindung in unserer kleinen Barrio-Klinik,…..
meine Frau wird sie mit der ersten Babybadewanne, den ersten Windeln, Hemdchen, Hautcremes etc. versorgen, Überbleibsel des letzten Wahlkampfbestechungsversuchs, sie wird sie auffordern weiter zur Schule zu gehen, wird ihnen die neuen Gesetze erläutern, die es auch den katholischen Schulen verbieten, minderjährige Schwangere und junge Mütter vom Unterricht auszuschließen, dabei immer noch die Hasskampagne unseres Kardinals im Ohr, der die Mädchen als verdorbene Putas beschimpfte, den Untergang der christlichen Werte voraussagte, die unschuldigen Mitschülerinnen, diese unbefleckten Engel vor der sexuellen Versuchung bewahren wollte, dabei tatkräftig unterstützt von unseren Medien,….
die Frauen wussten, dass dieses Gesetz viele Stimmen kosten würde, sie haben es trotzdem durchs Parlament gebracht, und die Wahlen verloren……..
meine Tochter wird, wie schon seit Jahren, im Barrio Vorträge über Verhütung halten ,…….
aber die Kinder werden geliebt werden, es gibt immer eine Schwester, einen Bruder, eine Nachbarin die Zeit hat sie auf den Arm zu nehmen, sie mit kleinen Leckerbissen zu verwöhnen…… .
sie werden in den Callejones aufwachsen, ihre Schularbeiten unter dem Licht der Straßenlaternen machen, schnell lernen, dass es sich lohnt, die leeren Bierflaschen der letzten Nacht einzusammeln, Botengänge für den Colmadobesitzer zu machen, mit 7 ihre Geschäftskarriere als Limpiabota starten, mit 12 oder 14 ihren ersten Job in der Autowerkstatt antreten, da, wo die Wracks der Caropublicos ihrer Väter wieder zum fahren gebracht werden,….
ihre Mütter, wenn sie schön sind, werden versuchen Arbeit als „Tänzerin“ im Ausland zu bekommen, auch hier gibt’s Leute , ausgestattet mit Beziehungen zu europäischen Konsulaten, zur Polizei und zur Passstelle, die dafür Sorge tragen, dass die Nachfrage nach schwarzem Fleisch befriedigt wird, natürlich arbeiten diese Frauen zuerst nur für die Schulden, die sie bei ihren „Managern“ haben, oder sie versuchen in einem der neuen Internetportale ihren nackten Körper zur Schau zu stellen, besonders deutsche Geschäftsleute sind hier auf diesem Markt sehr aktiv oder sie versuchen in einem der Supermärkte für den Mittelstand einen Job zu ergattern, spätestens mit 30 sind sie wieder im Barrio, dann bleibt nur noch die Tätigkeit als Putzfrau im Villenviertel…..
die Callejones sind “sin salida”, sie kennen keinen Ausgang,……
mit 50 entdecken sie dann den lieben Gott, eine der zahlreichen amerikanischen Sekten wird sie einfangen, der Pfarrer wird ihre Redlichkeit fördern, das hohe Lied der Tugend und der gottgewollten Demut der Armen singen, ihnen ihre Sünden vorhalten, den Tanz, den Alkohol und den Tabak verbieten und wird kein Wort darüber verlieren, wieso eine unfehlbare Vorsehung die weiße Oberschicht in Herrenhäuser wohnen lässt,………
und wenn meine Frau versucht ihnen zu erklären, dass alle Regeln, Anordnungen, Gesetze und Vorschriften immer von den Privilegierten ersonnen werden und einzig und allein dem Zweck dienen, die Privilegien dieser Schicht zu schützen, wenn sie vom Kampf um die Schule im Barrio erzählt, von der Schwierigkeit neue Lehrbücher, die die Gleichberechtigung von Mann und Frau betonen, durchzusetzen, oder von den Gesetzen, die jetzt auch häusliche Gewalt unter Strafe stellen,….dann……
ja dann, werden sie auch für die arme, verwirrte Seele meiner Frau beten und ihr Flehen mit einem kräftigen Hallelujah unterstreichen…….
Donna Colassa wird weiter den Nachwuchs bekochen, eine Kerze für Ezili Danto anzuzünden, eine Zigarre und eine kleine Tasse cafe, aus selbst gerösteten granos daneben stellen, damit diese Matriarchin aus dem Voodoo Panthenon, diese hart arbeitende allein erziehende Mutter weiterhin ein wohlwollendes Auge auf sie wirft, denn Ezili ist äußerst unabhängig, eine große schwarzhäutige Heilige, mit stürmischen Temperament, ihr katholisches Pendant ist die Madonna mit dem Kind, die steht gleich daneben auf dem Brett über dem Kühlschrank, doch während Ezili die lange Reise aus Afrika mitgemacht hat, und immer noch die Gesetze der adamah in ihr nachklingen, die Gebote, die das Leben, das von den Frauen kommt, in den Mittelpunkt des Denkens stellt, ist ihr katholisches Pendant aller Fraulichkeit beraubt worden, den patriarchalischen Machtgelüsten einer Männerwelt unterworfen worden, deshalb hat Colassa Mitleid mit dieser Frau, deswegen ist ihr auch die andere Madonna lieber, die liebe Mutter von Tschenstochau, die schwarze Madonna aus Polen,……….
ihr Bild kam mit den polnischen Truppen auf unsere Insel, die Franzosen waren nämlich gar nicht damit einverstanden, dass wir hier auch ihre Forderungen nach Freiheit und Gleichheit und Brüder- und Schwesterlichkeit durchgesetzt hatten, wir sollten Sklaven bleiben, damals waren wir die reichste Kolonie in der Neuen Welt, heute ist Haiti das Armenhaus Lateinamerikas, und damit wir schön weiter auf ihren Kaffee-, Zuckerrohr-, Kakao- und Baumwollplantagen schuften……
und immer schön weiter „Ja Massa“, ‚Nein Massa“, „Sofort Massa“ sagen, und wenn wir nicht spurten, wurde unser Fleisch gegerbt, na ja, damit das kein Ende nimmt, deswegen schickte der kleine Korse seinen Schwager Leclerc mit polnischen Truppen auf die Insel um den Aufstand niederzuschlagen,……..
aber glaubt man Colassa, dann war es die Schwarze Madonna, die den Polen die Augen öffnete, diese Tötungsmaschinen empfänglich machte für die Reize ihrer schwarzen Nichten, die sie die Wonnen des weiblichen Körpers kosten lies, die ihnen zeigte, wie glücklich Leben sein kann,……
und die Polen hörten auf ihre Schwarze Madonna, sie rebellierten, drehten ihre Waffen um, richteten sie gegen die weiße Ausbeuterklasse und kämpften jetzt Seite an Seite mit ihren versklavten Kindern, die Narben im Gesicht dieser polnischen Heiligen legen immer noch Zeugnis ab von unserem Unabhängigkeitskrieg ……….
aber die Männer haben, wie immer, anschließend alles versaut, schimpft Colassa, immer dann, wenn sie wieder mal von der großen Wut gepackt wird, weil die Portionen mit Reis und Bohnen wieder mal so klein ausfallen, weil immer noch jemand einen Freund oder eine Freundin mitgebracht hat, und so wird weiter geteilt,…..
jeder wollte die Macht für sich, grollt sie dann und so verbündeten sich diese idiotas mit ihren zukünftigen Unterdrückern, der eine mit den Spaniern, der andere mit den Engländern und wieder andere mit den Amerikanern, schließlich hatten wir denen damals auch mit einem ganzen Bataillon von unseren Leuten geholfen, wir, Schwarze, kämpften damals auf Seiten der Union im nordamerikanischen Unabhängigkeitskrieg ,……
und, was ist dabei rausgekommen, nichts als Leid und Elend, Tote, immer wieder nur Tote,…….
wir hatten damals Kakao und Kaffee und keiner wollte, dass wir auch nur ein kleines Stückchen von unserer Arbeit abbekamen, guck dir die Nachrichten an, heute hetzen sie immer noch die Menschen aufeinander, wegen dem Benzin, oder dem Glauben, es hat sich nichts geändert, oder haben wir hier im Barrio etwa irgendwo auch nur irgendwas mit zu entscheiden?
Da, guck auf meinen Küchenschrank, da stehen die Fotos der Väter meiner 11 Kinder, und… streiten sie? …und da, da steht Ezili und daneben die Katholische und da die Polnische und vertragen sie sich etwa nicht……….
mit dem Besuch im Barrio wird es heute nichts mehr, es schüttet noch immer wie aus Kübeln, aber morgen werde ich bestimmt wieder Colassa besuchen und mir von ihrem Freund Papa Lu die große Politik erklären lassen…….
Hör nicht auf, meinte er neulich, „pise krapo ogmante la rivie“, dass ist einer seiner kreolischen Lieblingssprüche, echt afrikanisch, etwa „little streams make big river“ oder, auch die Pisse von nur einem Frosch lässt den Fluss anschwellen,……
Siehste Datenscheich, und mit Dir pissen jetzt sogar schon zwei…….
Buenas noches in Berlin,
El Patio
Der Datenscheich: Lieber El Patio. Erst einmal Dank Dir – und Deiner Frau – und Deiner Tochter – und allen anderen, die Ihr MENSCHEN seid und bleibt – trotz Franzosen und Polen und Amis und sonstwem. WAS machst Du dort eigentlich? (abgesehen vom cleveren Froschlaich-bergen)? Was bist Du denn, Lehrer, Arzt, Entwicklungshelfer? Es hört sich eher an, als seist Du/seid Ihr dorthin ausgewandert.
PS.: ich führe deine Teilkommentare zusammen und korrigiere sie auch ein wenig, um den Lesern noch mehr Lust darauf zu machen, einverstanden?!