Zylon „Idai“ in Südostafrika: Erst Flut, dann Hunger

In Malawi, dem kleinsten der von Wirbelsturm „Idai“ betroffenen Länder, ist die Maisernte zerstört. Schon vorher gab es zu wenig zu essen.

In einem Schulgebäude, das zu einer Hilfsunterkunft umfunktioniert wurde, spielen Kinder

Die meisten Lager für Sturmflüchtlinge in Malawi sind in Schulgebäuden eingerichtet worden Foto: imago/Xinhua

LILONGWE taz | Von den drei Ländern, in denen Wirbelsturm „Idai“ Verwüstungen angerichtet hat, ist Malawi vorgeblich am wenigsten betroffen, mit bisher 59 bestätigten Toten gegenüber 154 in Simbabwe und 447 in Mosambik. Doch in dem dichtbesiedelten kleinen Land mit 17 Millionen Einwohnern hat die Naturkatastrophe eine besondere Folgewirkung: der völlige Ruin einer ursprünglich guten Pflanzzeit und damit das Risiko einer Hungersnot.

In den Distrikten Balaka, Chikwawa, Machinga, Mangochi Nsanje, Phalombe und Zomba im Süden des Landes sind 80 bis 100 Prozent der Ernten vernichtet. Schon vorher galten 3,4 Millionen Einwohner als „ernährungsunsicher“, also potentiell hilfsbedürftig, und alle Hoffnungen richteten sich auf die Maisernte im April.

„Für die Gemeinschaften im Süden Malawis ist es eine doppelte Katastrophe“, sagt Yousaf Jogezai vom Hilfswerk Concern. „Jetzt, einen Monat vor der Maisernte, ist eine sehr reiche Ernte zerstört worden.“

Malawi, sagt Jogezai weiter, hat in den letzten Jahren mehrere wetterbedingte Katastrophen erlebt: schwere Überschwemmungen in den Jahren 2015 und 2018, Dürrezeiten zwischen 2016 und 2018. Nun werden viele Menschen mindestens drei Monate lang Lebensmittelhilfe benötigen, und zerstörte Bewässerungssysteme müssen dringend hergerichtet werden.

Seuchen breiten sich aus

Malawis Regierung will die Bauern bei der Aussaat unterstützen. Die Welthungerhilfe will Saatgut und Süßkartoffelsetzlinge verteilen, aber dafür fehlen die Mittel. „Zusätzliche Finanzierung wird benötigt, um Kleinbauern zu helfen“, sagt ein Sprecher und weist darauf hin: „Viele Rinder und Ziegen sind gestorben.“

Infrastruktur im Wert von mindestens einer Milliarde US-Dollar ist in Afrika durch Wirbelsturm „Idai“ zerstört worden. Dies sagte Vera Songwe, Exekutivsekretärin der UN-Wirtschaftskommission für Afrika (ECA), am Sonntag.

Der Hafen Beira in Mosambik ist demnach gar der schwerste Verlust. „Beira, Mosambiks führender Hafen, gehört wegen Zyklon „Idai“ heute fast der Vergangenheit an“, sagte Songwe. Beira ist für das südliche Afrika einer der wichtigsten Exporthäfen am Indischen Ozean. Der Sturm hat die Hafenanlagen fast komplett zerstört.

Erstmal sind die Bauern selbst ruiniert. „Ich habe mein Haus, meine Ernte und meine Viehherde verloren“, sagt Kleinbauer Chimwala Muyila. „All die Investitionen in die Viehzucht und in meine Felder sind zunichtegemacht. Ich muss wieder ganz von vorn anfangen, mit nichts und ohne Haus.“

125.000 Menschen sind in Malawi von den Fluten vertrieben worden. 173 Lager haben Sturmflüchtlinge aufgenommen. Die meisten davon sind in Schulgebäuden eingerichtet, was den Unterricht, der dort eigentlich stattfinden sollte, massiv stört.

„Die Zustände sind schrecklich“, sagt ein lokaler Mitarbeiter einer Hilfsorganisation in einer solchen Schule. „Hunderte von Leuten haben hier Zuflucht gesucht, und dafür ist dieses Gebäude nicht ausgelegt. Das Risiko, sich an einer Krankheit anzustecken, ist sehr hoch – besonders für die Kinder, die die Mehrzahl der Vertriebenen ausmachen.“

Kleinbauer Chimwala Muyila

„All die Investitionen in die Viehzucht und in meine Felder sind zunichtegemacht. Ich muss wieder ganz von vorn anfangen, mit nichts und ohne Haus“

Die Behörden und Helfer konzentrieren sich in solche Zentren auf Frauen, insbesondere Schwangere und stillende Mütter, sowie Jugendliche, Ältere und Behinderte. Sie alle müssen vor Gewalt, Übergriffen und Würdeverlust geschützt werden.

Für die Suche nach verschollenen oder isolierten Flutopfern fehlt es an Booten und Hubschraubern sowie am Treibstoff. Manche zunächst überfluteten Straßen sind wieder passierbar, aber beschädigt. Ansteckende Krankheiten und Seuchen wie Cholera, Malaria, Durchfall und Lungenentzündung breiten sich aus, begünstigt durch die schwierigen Lebensbedingungen. Die Regierung von Präsident Peter Mutharika befindet sich auch politisch im Wettlauf gegen die Zeit: Am 21. Mai sind Neuwahlen.

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