Zwei Kanadier in China verhaftet: Offener Brief an Xi Jinping

Westliche Diplomaten und China-Experten fordern in einem Appell die Freilassung zweier Kanadier. Sie wurden in China wegen Spionagevorwürfen verhaftet.

Zwei Männer sprechen miteinander

Festnahme im Namen von Huawei? Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und Huaweis Gründer Ren Zhengfei (Archivbild) Foto: reuters

BERLIN taz | In einem offenen Brief an den chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping haben 143 westliche Ex-Diplomaten und China-Wissenschaftler die Freilassung von zwei im Dezember in der Volksrepublik verhafteten Kanadiern gefordert. Ihre Festnahme sende eine beunruhigende Botschaft, dass Politik und diplomatisches Handeln in China „unerwünscht und sogar riskant“ seien, heißt es in dem Schreiben der 27 ehemaligen Diplomaten und 116 Akademiker aus 19 Ländern.

Dies führe „zu weniger Dialog und größerem Misstrauen und unterminiere Bemühungen, Meinungsverschiedenheiten zu managen und gemeinsame Interessen auszuloten.“ Die kanadische Tageszeitung The Globe and Mail hat den Brief am Montag dokumentiert.

Der frühere Diplomat Michael Kovrig, Nordostasien-Experte der Nichtregierungsorganisation International Crisis Group, und der Geschäftsmann und Nordkorea-Experte Michael Spavor waren am 10. Dezember von der chinesischen Polizei festgenommen worden.

Zuvor war am 1. Dezember im kanadischen Vancouver auf Veranlassung der US-Justiz die Vizepräsidentin und Finanzchefin des chinesischen Huawei-Konzerns verhaftet worden. Die Festnahme der Kanadier wird als Vergeltung dafür gewertet.

Festnahme der Kanadier gilt als Vergeltung

Huawei ist der zweitgrößte Handyhersteller der Welt und der global führende Netzwerkausrüster. Das Unternehmen steht damit im Fokus besonders der US-Sicherheitsbehörden. Sie fürchten, Huawei könne sensible Telekommunikationsdaten an Chinas autoritäre Führung weitergeben.

Der offizielle Vorwurf an Hua­wei lautet jetzt, mit falschen Angaben über eine Tochterfirma gegen amerikanische Iran-Sanktionen verstoßen zu haben. Deshalb wurde die Huawei-Managerin Sabrina Meng Wanzhou bei ihrem Besuch in Kanada auf Veranlassung der US-Justiz festgenommen.

Meng ist die Tochter des Huawei-Gründers Ren Zhengfei. Sie ist inzwischen auf Kaution frei, darf Kanada aber nicht verlassen. Die dortige Justiz muss nun über ihre Auslieferung entscheiden, welche die US-Justiz aber erst noch formal beantragen muss. Nach Auskunft des kanadischen Botschafters in Washington steht dies unmittelbar bevor.

Unkonkreter Spionagevorwurf

Den beiden kanadischen Staatsbürgern wirft Peking „Aktivitäten zur Gefährdung von Chinas nationaler Sicherheit“ vor, worunter normalerweise Spionage verstanden wird. Näher konkretisiert wurde das bisher nicht.

Ein weiterer Schock für Kanada war vergangene Woche, dass die 15-jährige Haftstrafe für den in China wegen Drogenhandels verurteilten Kanadier Robert Loyd Schellenberg in eine Todesstrafe umgewandelt wurde. Auch dies gilt als Retourkutsche für die Verhaftung der Huawei-Managerin.

Die Beziehungen zwischen Kanada und China sind seit Dezember äußerst angespannt. Beide Regierungen fordern ihre Bürger inzwischen beim Besuch des jeweils anderen Landes zu erhöhter Wachsamkeit auf und warnen sie vor dem Risiko willkürlicher Verhaftungen.

Unterzeichner wollen den Dialog mit China

Zu den Unterzeichnern des Briefes an Chinas Machthaber gehören frühere Botschafter von Kanada, den USA, Großbritanniens, Deutschlands, Schwedens und Mexikos, US-Staatssekretäre sowie ehemalige Außenminister Großbritanniens und Australiens.

Prominentester europäischer Unterzeichner ist der frühere EU-Außenkommissar und letzte Hongkonger Gouverneur Chris Patten. Ein bekannter Unterzeichner aus Deutschland ist der Ex-Botschafter Volker Stanzel.

Die Unterzeichner verweisen darauf, dass sie inzwischen auch um ihre eigene Sicherheit fürchten und sich jetzt zweimal fragten, ob eine China-Reise nötig sei.

Die Regierung in Peking sieht die Schuld allein bei der Regierung in Ottawa und hat Kanada von Beginn an vor ernsthaften Konsequenzen gewarnt. Huawei hat mehrfach seine Unschuld beteuert. In manchen chinesischen Medien wie in manchen Leserkommentaren wird den Unterzeichnern des offenen Briefes jetzt Einseitigkeit und Doppelmoral vorgeworfen, weil sie nicht gleichzeitig auch von Kanada die Freilassung Mengs gefordert haben.

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